Laos – ein kleines Adventsspecial

Hohoho

ihr schönen Menschen, es ist der 4. Dezember, wir sind seit 222 Tagen auf Reisen und es ist Adventszeit. Obwohl es mir in den vergangenen Jahren immer wieder schwer gefallen ist richtig in Weihnachtsstimmung zu kommen, so ist es dieses Jahr besonders hart. Ich liebe Weihnachten. Ich liebe die Jahreszeiten, die wir in Europa haben. Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Wie zauberhaft ist es, dass im Frühling die Blumen blühen, die Kälte vertrieben wird, das Leben erwacht. Wie schön sind lange, laue Sommerabende mit Freunden am See und wie gut tut ein leckeres, kaltes Eis bei der Hitze. Wie hübsch sind unsere bunten Herbstwälder – grün, gelb, braun, rot – leuchtend – wunderschön.

Und wie herzerwärmend ist es sich bei Tee und Plätzchen an einem kalten Winterabend in eine Decke zu kuscheln und ein Buch zu lesen. Nicht raus gehen müssen, weil das Wetter eh scheiße ist oder noch besser einen Spaziergang mit Freunden zu machen und sich dann auf das warme Zuhause zu freuen. Plätzchenduft und Weihnachtslieder. Was im Herbst beginnt, setzt sich im Winter fort – es wird ruhiger, langsamer, die Natur macht Pause. Und dieser Rhythmus tut gut – auch uns Menschen. Es ist eine Zeit zum runterkommen, reflektieren, entspannen. Deshalb liebe und vermisse ich den Winter. (Danke auch an Jannik, Clara, Johanna und Julian für das schöne Plätzchenvideo – das hat die Sache nicht leichter gemacht ;)) Die Dankbarkeit für diese schöne Jahreszeit, wollte ich gerne mit euch teilen, auch wenn ich 1000e Kilometer und auch einige Plusgrade davon entfernt bin.

Eine Sache vermisse ich jedoch nicht. Und das ist der vorweihnachtliche Geschenkewahnsinn. Wie viele von euch wissen, habe ich einen Tag nach dem heiligen Abend Geburtstag und komischerweise habe ich damit ein ganz persönliches Problem: ich weiß oft nicht mehr, was ich mir wünschen soll. Während des Jahres kommen mir dazu dutzende Ideen. Aber wenn dann Weihnachten und der Geburtstag vor der Tür stehen und ich gefragt werde, was ich mir wünsche, ist der Kopf leer – bzw. die Bude voll. Ich hab doch alles was ich brauche. Nein – ich hab noch viel mehr als das was ich brauche! Sogar jetzt auf dem Fahrrad noch habe ich viel mehr, als notwendig. Sich Gedanken darüber zu machen, was man sich selber wünscht, ist jetzt nicht der mega-stress. Dazu kommt eher: Was schenke ich meiner Familie, meinen Freunden? Am liebsten etwas persönliches, über das sie sich wirklich freuen, am besten was nützliches, oder schönes, vielleicht sogar selbst gemacht. Und hier beginnt der Stress – hier beginnt der Kaufrausch und somit ist Weihnachten leider auch die Zeit, in der viele Dinge gekauft werden, damit man was zum verschenken hat. Um dem etwas entgegenzuwirken, haben wir zumindest in unseren Familien seit ein paar Jahren das Prinzip des Wichtelns eingeführt. So zieht jeder in der Vorweihnachtszeit verdeckt den Namen eines Familienmitglieds und kümmert sich dann nur um das Geschenk für diese Person. Ein Höchstbetrag wird vorher vereinbart. So empfinde ich die Bescherung bei uns in der Familie immer als feierlich, wenn jeder der Reihe nach sein Geschenk übergeben darf.

Ich möchte euch ermutigen in der Adventszeit einen Gang runterzuschalten, den Winter, die Ruhe, die friedliche Natur, den heißen Kakao, das Plätzchenbacken mit Freunden (und das anschließende Essen), das warme Ofenfeuer,… zu genießen und euch zu überlegen, was ihr zu Weihnachten wirklich braucht. Wenn ihr darüber nachdenkt, so wie ich es in letzter Zeit oft getan habe, dann kommt ihr vielleicht ebenfalls zu dem Entschluss, dass ihr alles habt, was ihr braucht. Und das wunderbare, was sich dann einstellt, nennt sich: Dankbarkeit und Zufriedenheit.

Und genau das sind die beiden Stichpunkte, die mich zum Thema des heutigen Blogeintrages führen. Ich möchte euch erzählen, was wir die letzten drei Wochen erlebt, gelernt und wen wir kennengelernt haben.

Unsere Fahrt nach Laos: Cat Ba – Hanoi – Dien Bien Phu – Luang Prabang

Der letzte Kaffee am Strand

Nachdem wir den Strand nach dem letzten Blogeintrag hinter uns gelassen haben (da war ich schon etwas traurig), sind wir mit dem Bus nach Hanoi gefahren – die Hauptstadt Vietnams. Dort konnten wir in Quinhs Wunderland unterkommen, das Gästezimmer, mit den hohen Decken und der zweiten Ebene, die einem das Gefühl geben man würde in der Werkstatt Meister Eders übernachten. Wir hatten ein paar Tage in dieser pulsierenden Stadt mit dem verrückten Verkehr. Millionen von Rollern schieben sich zu den Stoßzeiten durch die Straßen, dicht an dicht. Das Fahrradfahren dort ist ein wahres Abenteuer für sich. Und obwohl ich jede Sekunde damit rechnete Überfahren zu werden, ist nie etwas passiert. Irgendwie ist da Ordnung im Chaos. Nachdem wir die Räder in die Werkstatt zum Generalcheck gebracht, in einem super süßen Café am Westlake mexianische heiße Schokolade und Kuchen genossen, in einem Veganen Buffet für umgerechnet 1,60 Euro zu Mittag gegessen (letzteres haben wir zweimal gemacht), das Museum über Vietnams erstaunliche Frauen besucht haben, ging es dann mit dem Bus weiter nach Laos. Die Räder wurden kurzerhand auf den Bus gepackt, weil in den Gepäckfächern unter dem Bus bereits drei Motorräder verstaut waren. Dann ging es 10 Stunden mit dem Nachtbus durchs Land, bis kurz vor die laotische Grenze. Dort wechselten wir den Bus, verstauten die Räder und das Gepäck erneut auf dem Bus (diesmal gab es keine Gepäckfächer). Es war uns schon ein wenig Angst um unsere Fahrradtaschen, die so lose auf dem Dach allen Erschütterungen der Schlaglöcher ausgesetzt waren. Aber siehe da, es ist nichts passiert. Die Räder waren nach den insgesamt 24 Stunden Busfahrt noch heil und die Taschen vollständig.

Westlake, Hanoi
Nach Tag 1 in Hanoi waren wir gesettled: Stamm-Café und Veganbuffet wurden täglich gefeiert
Auf der langen Fahrt machten alle vier, Räder und wir, einiges mit.

Was wir über Laos lernen durften:

Mentalität und Bildung

Und dann waren wir da: In Luang Prabang. Einer wunderschönen (sehr touristischen) Stadt im Norden von Laos. Passend zu Weihnachten scheint an sich der Lebensrhythmus in Laos etwas langsamer zu sein, die Menschen freundlich und entspannt.

Die Falang- (Ausländer, bzw. Franzosen) -Bar unseres Vertrauens, das Utopia, war super entspannt. Nur locals sucht man hier vergeblich… und teuer wars. Wurde also nicht zur Stammkneipe
Sabaidee, Mittagessen!

Das könnte daran liegen, dass starke Emotionen in Laos ein Tabu sind. „Karma“, so glauben die Laoten, bestimmt mehr noch als Hingabe, Gebet oder harte Arbeit über das Schicksal des Lebens. Deshalb versuchen die meisten sich nicht zu viele Sorgen um die Zukunft zu machen. Viele Laoten vertreten die Auffassung, dass zu viel Arbeit nicht gut für das Gehirn sei und sie sagen oft, dass ihnen die Leute leid tun, die zu viel denken. Und so wird Bildung generell als nicht so erstrebenswert angesehen, wobei sich das mit der Modernisierung des Landes schrittweise ändert. In Luang Prabang gibt es viele buddistische Klöster und jeden Tag trifft man auf dutzende in safranfarbene Gewänder gekleidete Mönche. Viele von ihnen sind noch sehr jung – denn um eine höhere Schulbildung genießen zu können, schicken manche Familien ihre Söhne nach dem Ende der Grundschule im Alter von 12 Jahren ins Kloster. Für die meisten anderen Kinder ist die Schulbildung nach der Grundschule abgeschlossen.

Jüngere Geschichte

Laos ist ein sehr armes Land. Ein Grund hierfür ist der „geheime Krieg“, der von 1954 bis 1973 das Land bestimmte – Auswirkungen des Vietnamkriegs, bzw. Amerikakriegs, wie er in Vietnam genannt wird. Die Geschichte dieser beiden Länder hängt engt zusammen. Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs hat die Kommunistische Partei Vietnams unter Ho Chi Minh die Unabhängigkeit von Frankreich erklärt. Zu dieser Zeit hatten seine Truppen schon große Teile des Landes unter Kontrolle. Das Land schlitterte vom zweiten Weltkrieg in den Krieg um die Frage der Unabhängigkeit von Frankreich. 1954 wurde Vietnam dann geteilt in Nord- und Südvietnam. Der Norden wurde von den Kommunisten regiert. Es gab jedoch schnell Bestrebungen diese Trennung aufzuheben. Die nächste Krise verwandelte sich in Krieg, als die kommunistischen Viet Cong eine bewaffnete Guirrilla formten und gegen die Regierung des Südens ankämpfte, um das Land wieder zu vereinen. 1965 schickte dann Amerika die ersten Truppen ins Land, um die Regierung des Südens zu unterstützen – getrieben von der Angst vor dem Kommunismus und vor allem davon, dass ein Dominoeffekt unter den Ländern in Südostasien eintreten würde, wenn Vietnam vollständig kommunistisch regiert werden würde. Der Krieg zwischen den Viet Cong und Amerika (Süd Korea, Australien, Thailand und Neu Seeland schickten ebenfalls Truppen zur Unterstützung Amerikas) endete 1975 mit der Zusammenführung von Nord und Süd. Die südliche Hauptstadt Saigon wurde in Ho Chi Minh Stadt umbenannt. Hunderttausende Menschen Südvietnams flohen in der Folge. Jahrelange Repressionen Amerikas gegen Vietnam folgten. In all diese Unruhen, Konflikte und den Krieg wurde das neutrale Laos mit hineingezogen. Als neutrale Zone durften weder Vietnamesen noch Amerikaner die Grenze passieren. Das jedoch wurde zu einem Katz und Maus Spiel als die CIA begann die Hmong in Laos als Soldaten auszubilden. Die Viet Minh schmuggelten große Mengen Waffen über den Ho Chi Minh Trail über Laos in den Süden Vietnams. Um das zu unterbinden beschossen die amerikanischen Truppen von 1964 bis 1973 das neutrale Land Laos. Das flächendeckende Bombardement durch die US-Streitkräfte führte dazu, dass über neun Jahre hinweg täglich im Durchschnitt alle acht Minuten eine Flugzeugladung Bomben auf das Land abgeschossen wurde. Laos ist das am häufigsten bombardierte Land der Welt. Von 1964 bis 1973 wurden mehr Bomben auf Laos abgeworfen, als im zweiten Weltkrieg über ganz Europa – sieben Bomben für jeden Mann, jede Frau und jedes Kind. Viele dieser Bomben schlummern bis heute im Untergrund und forderten seit dem Ende des Krieges tausende Menschenleben.

Armut und deren Folgen

Die Kampfhandlungen unter anderem im Indochina- und dem Vietnamkrieg warfen das bis dahin oft durch Fremdherrschaft dominierte und ohnehin nicht besonders reiche Land und seine wirtschaftliche und auch sonstige Entwicklung weiter zurück. Die resultierend Armut wiederum hat Folgen – von den Leuten die für etwas Kleingeld Blindgänger einschmelzen um das Metall zu verkaufen wollen wir hier gar nicht reden.Wie überall, wo Menschen durch Armut existenziell bedroht sind, gehen Langfrist-Perspektiven und dementsprechend planvolles, vorausschauendes Handeln flöten, weil die größte Sorge der unmittelbaren Not gilt: mit was ernähren ich heute meine Familie? Neben der Mangel- und Fehlernährung, die – um eine konkrete Zahl zu nennen – heute noch 44% der unter zweijährigen Kinder in ihrer Entwicklung gefährdet, sind weitere Symptome der Armut und Misswirtschaft schrumpfende und kränkliche Nutztierbestände. Abgesehen vom Reisanbau gibt es wenig Ackerbau, was die Ernährung der Menschen vergleichsweise fleischlastig macht. Nicht zuletzt deshalb ist es auch auf den Feldern und in den Wäldern um die Siedlungen in Laos zumeist unheimlich still – alles was essbar ist, wird gefangen, gegrillt, verkauft oder verzehrt. Beim Bummel über den lokalen Markt findet man daher nicht selten Ratten, Kröten, Fledermäuse und dergleichen – essfertig oder zur Zubereitung zuhause.

Laos Buffalo Dairy – Unsere Erfahrungen von der gemeinnützigen Molkerei

Lola und Lisa

Einiges dessen, was wir euch in den obigen Absätzen zu lesen geben, haben wir auf der «Farm» gelernt, auf der wir nun seit fast drei Wochen freiwillig mitarbeiten – gegen Kost und Logis. Die Laos Buffalo Dairy (dt: Laos Büffel Molkerei), die unsere Gastgeberin Rachel aus den USA zusammen mit den Aussies Susie und Steven ins Leben gerufen haben, ist ein gemeinnütziges Unternehmen, das durch seine Geschäftsstruktur und weitere Programme versucht, die Armut der Bauern zu mindern und sie durch Bildung in ihrem eigenen Wirtschaften zu stärken. Deren Situation nochmal kurz wie folgt:

Das durchschnittliche Jahreseinkommen eines Bauern beträgt ca. 1200 USD. Das reicht kaum, um die Familie gut zu ernähren. Als wandelnde Lebensversicherung halten viele Bauern deshalb Wasserbüffel, Schweine, Kaninchen und Hühner. Die können bei Bedarf für die Fleischproduktion verkauft oder selber verarbeitet werden. Jedoch sind keine finanzielle Mittel für angemessene Tierhaltung vorhanden. Deshalb laufen die Wasserbüffel auf den Feldern und in den Wäldern frei herum, auf der Suche nach Essbarem. Viele werden krank oder sterben. Impfungen und tierärztliche Versorgung sind so gut wie nicht existent.

Vor diesem Hintergrund ist das Engagement Susies, Stevens und Rachels zu sehen, welche die Molkerei aufgebaut haben. Nach ihren Reisen in u.a. Sri Lanka, wo Büffelmilch traditionell zu Joghurt und Käse verarbeitet werden, kamen sie auf die Idee, in Laos, wo Milchprodukte teure Importwaren sind, selbst in das Milchgeschäft einzusteigen: Sie würden Käse und Co machen, aus der Büffelmilch, die sie den lokalen Bauern abkauften. Diese Idee platzte jedoch wie eine Seifenblase, als die drei herausfinden mussten, dass die Bauern in Laos zwar jede Menge Büffeldamen hielten, von Milch – die viele mit Kokosmilch gleichzusetzen schienen – jedoch absolut keinen Schimmer hatten. Dass Joghurt ebenfalls aus Obst hergestellt werden müsse ist eine logische Schlussfolgerung in einer Kultur, in der Milch abgesehen von Muttermilch, absolut keine Rolle spielt. Es war also klar, dass es innerhalb der nächsten Jahre nicht möglich sein würde von irgendeinem Bauern Milch kaufen zu können. Um sie dennoch an der Wertschöpfung durch das zu gründende Unternehmen zu beteiligen, kamen sie auf die Idee, die Büffel für die Milchproduktion von den Bauern zu mieten. Für den Bauern ein guter Deal, müsste er sich in der Zeit der Miete nicht um das Tier kümmern und würde obendrein noch umgerechnet $100 Mieteinnahmen erhalten. Und verkaufen könne er es danach immernoch. Obgleich dieser und weiterer Vorteile für den Bauern, wie der tiermedizinischen Versorgung, gab es große Zweifel an der Seriösität des Unternehmens und des Mietsystems. Mit Hilfe eines mutigen Dorfvorstehers der voranging und seine Tiere zur Verfügung stellte sowie den professionell und kooperativ aufgesetzten Verträgen, die Provinz- und Lokalregierung absegneten, konnten dann mehr und mehr Bauern überzeugt werden, dass es KEIN großes Grillfest geben würde, sobald ihr Büffel die angebliche Molkerei betrete. Somit konnte vor 3 Jahren schließlich mit 170 Bauern aus 17 Dörfern gestartet werden.

Inzwischen kommen Tiere von rund 220 Farmern aus 20 Dörfern auf die Farm der Molkerei – innerhalb von 5km Entfernung zu Fuß, sonst per organisiertem Truck. Eine Büffeldame wird auf dem Feld auf Schwangerschaftstatus und übertragbare Krankheiten getestet, bevor sie schließlich im achten von zehn Schwangerschaftsmonaten auf das Farmgelände kommt. Hier verbringt sie dann zur Sicherheit einen Monat in Quarantäne, wo sie beobachtet, geimpft und ihre Gesundheit und die des Kalbes geprüft wird. Rund einen Monat um die Geburt verbringen Büffelkuh und schließlich auch Kalb auf der Farm, bevor schließlich die sechsmonatige Melkzeit beginnt. Bevor Mutter und Kalb schließlich die Farm wieder verlassen, wird sie auf der Mini Farm einen weiteren Monat einmal täglich per Hand abgemolken.

Dieses Abmelken bietet der Farm nicht nur die Grundlage für ein nettes Freizeitangebot für Besucher der Farm, sondern auch die Gelegenheit, den Farmern selbst das Melken ihrer Tiere näher zu bringen. Zur Farm der Laos Buffalo Dairy gehört nämlich auch ein kostenfreies Trainingsprogramm für Bauern in Sachen Tierhaltung, -gesundheit und -ernährung. Das ist auch der Grund, warum es auf der Farm neben Büffeln noch Schweine, Hasen, Hühner und Enten gibt sowie die dazugehörigen idealen Stallungen, welche sich die Farmer hier zeigen und erklären lassen können. Neben dem Effekt, gesündere Büffel für die Molkerei zu bekommen, zielt dieses Training darauf ab, die Bauern in ihrem eingen Wirtschaften zu befähigen und zu der sich lohnenden Mehrarbeit zu ermutigen, die mit Futterbeschaffung, Schutz und Pflege der Tiere verbunden ist. Diese zahlt sich schließlich in höheren und sichereren Gewinnen durch Fleisch oder Verkaufserlös aus.

Farmkatze Lilly im Hasenstall
Mümmelmümmel mjamjamjam!

Neben den Farmern, denen auch die Nutzung der Büffelmilch zu einer vollwertigeren Ernährung ihrer Familien ans Herz gelegt wird, kommen auch Tierarzt- und Landwirtschafts-StudentInnen auf die Farm. Hier bekommen sie die Möglichkeit, praktische Erfahrung zu sammeln, die ihnen in den Schulen aufgrund Ressourcenmangels nicht vermittelt werden kann. An Hasen, Schweinen und Büffeln wird hier u.a. das Impfen beigebracht, zu welchem sonst maximal 2 von 40 StudentInnen in einem Jahrgang die Möglichkeit erhielten. Neben dem Trainingsprogramm betreibt die Farm zudem noch ein Zuchtprogramm. Mit indischen Murrah-Büffeln wird durch die Zucht mit den einheimischen Sumpf-Büffelkühen neues Blut in die Population gebracht. Wie bereits oben angedeutet, fehlt den Laoten oftmals die Langzeit-Perspektive, was u.a. dazu führt, dass die Farmer in den Dörfern ihre großen Bullen verkaufen um höhere Gewinne zu erzielen, jedoch für die Zucht in der Regel nur einen Bullen behalten – und zwar den Kleinsten. Dieses Vorgehen führt dazu, dass die Büffel von Generation zu Generation kleiner werden, durch den sich ergebenden hohen Grad an Inzucht jedoch zusätzlich auch Fruchtbarkeit und Immunabwehr der Tiere sinken und ihre Sterblichkeitsrate steigt. Nicht zuletzt deshalb sinkt die Zahl der Büffel in Laos beständig.

Unser freundlicher Zuchtbulle und Murrahbüffel Ferdinand frisst Lisa zahm aus der Hand

Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken ist genetischer Austausch wichtig, der durch das Zuchtprogramm erreicht wird. Mehrere indische Zuchtbullen sind deshalb auf der Farm dafür zuständig, dass die gemieteten Büffeldamen schwanger – und zwar mit guten Genen an Bord – wieder zu ihren Besitzern zurückkehren. Langfristig wird das auch dem Unternehmen selbst dienen, denn durch die Zucht werden nicht nur die Bullen wieder größer und somit profitabler im Verkauf, sondern auch die Milchleistung der Tiere nimmt zu (aktuell 2-3L pro Tag) – wenngleich sie auch dann noch in keinem Verhältnis zu der einer Milchkuh (30-70L pro Tag) steht.

Mieteinnahmen, Tiergesundheit, Schulungen und Trainings-, Zucht- und Ernährungsprogramm wirken hier von einem Unternehmen aus so vielfältig und ganzheitlich zusammen, wie wir es selten bei einem Unternehmen oder Projekt gesehen haben. Inspiriert und leidenschaftlich fallen dementsprechend die Führungen aus, die wir den Besuchern der Farm hier Tag für Tag geben.

Was wir hier so machen

Unser Beitrag zu alle dem besteht größtenteils darin, Touristen, die sich die Farm bzw. die Molkerei zeigen und erklären lassen wollen, über das Gelände zu führen und ihnen all das zu vermitteln, was wir euch hier geschrieben zur Farm geschrieben haben – und noch einiges mehr. Dementsprechend verbringen wir hier auch einge Stunden täglich damit, Schweine zu füttern, Ferkelbäuche zu kraulen, Kaninchen zu streicheln und Wasserbüffel zu melken und zu schrubben. Ab und an kommt man dann auch dazu, der «Raubtierfütterung» beizuwohnen, wenn für die älteren Kälber ein paar Milchflaschen vorbereitet werden, die die Besucher dann verabreichen dürfen. Verrückte Rindsviecher sag ich nur. Neben diesen Führungen helfen wir im Café der Molkerei aus, servieren Käseplatten und -kuchen, Eiscreme und Ricotta-Donuts – natürlich alles aus Büffelmilch hergestellt. Und wenn wir da nicht gebraucht werden, stehen wir in der Eisdiele am Straßenrand und verkaufen den Reisenden auf dem Weg zum Kuang Si Wasserfall leckerstes Milcheis in verschiedensten Geschmackssorten von Matcha und Tamarind bis Ingwer und Limonengras. Doch die meiste Zeit sind wir auf Touren.

Unsere Eisdielen- und Tourenkollegen und Freunde Sai und Saisamone.

Was wir davon halten

Aus unserer persönlichen und professionellen Sicht (also sozialarbeiterisch / regionalentwicklunsgsmäßig) sind wir begeistert von diesem Unternehmen, das auf so vielfältige Art und Weise positiv auf die lokale Gesellschaft wirkt. Obwohl die «Falang», die Ausländer hier etwas aufbauen, ist das Unternehmen darauf ausgelegt, Gewinne nicht für sich, Investoren und Anleger, sondern für die lokale Community zu generieren. Dazu arbeitet es partizipativ mit Dorfgemeinschaften, Lokal-, Provinzial- und Staatsregierung sowie institutionellen und wirtschaftlichen Akteuren der Region. Es nutzt auf niedrigschwellige Weise ihr hiesiges, bisher brachliegendes Potenzial. Durch die verschiedenen empowernden, also befähigenden Aktivitäten des Unternehmens (Englischunterricht, Trainings, Ausbildungen, Ernährungsprogramm etc.), die Verbesserung der Einkommenssituation durch Arbeitsplätze (45 Stellen, davon 35 Vollzeit), Mieteinnahmen der Farmer und regionale Wertschöpfungsketten (u.a. lokaler Kaffeebauer, Gastronomie) und strukturelle Ansätze wie die Frauenquote von 50% in der Belegschaft, werden vielfältige Potenziale freigesetzt. Diese ermöglichen ihrerseits wirtschaftliches Wachstum, Bildung, fördern finanzielle und Ernährungssicherheit und legen somit Grundlagen für individuelle und gemeinschaftliche Planungen und Investitionen. Obgleich die Gemeinschaft vor Ort schon stark vom Unternehmen profitiert, ist es selbst – zumindest der Molkereibetrieb – noch nicht wirtschaftlich genug. Einnahmen aus den Führungen und dem Café querfinanzieren die Milch- und Käseproduktion zuweilen. Doch das Unternehmen ist im Wachstum begriffen und mit steigenden Büffelkapazitäten und -zahlen nimmt auch das Produktionsvolumen zu. Das langfristige Ziel der GründerInnen: die Farm, sobald sie profitabel läuft, in die Hände der einheimischen Angestellten zu geben, die bereits im Management geschult werden, um dann weitere gemeinnützige Molkereien in diesem Stil aufzubauen. Wir sind begeistert, haben die – wenngleich anstrengenden Tage auf der Farm – genossen und sind dankbar dafür, Anteil an dieser tollen Arbeit haben zu können. Wünschen wir Ihnen weiterhin viel Erfolg!

Wie erging es uns sonst so?

Während unseres Aufenthaltes in Luang Prabang wohnten wir bei Rachel, ihrem Sohn und ihrer Haushälterin Mary, die sie seit elf Jahren begleitet – von Singapur bis hier her. Mit uns wohnt auch Joel, ein Kiwi in unserem Alter, hier und wir teilen uns zu dritt ein Zimmer. Vor ein paar Tagen kam auch Richel (aka Richi) aus der Schweiz dazu, weshalb nun zwei Doppelstockbetten das ehemalige Kinderzimmer von Tochter Sarah füllen – also, neben den mit Puppen und altem Spielzeug gefüllten Regalen und Kisten. Morgens sind wir frei, hier zu frühstücken und uns am Kühlschrank zu bedienen, Mittags gibt es Reste auf der Farm und Abends ein gemeinsames Abendessen mit Rachel und Susies Familien. Dafür sind wir auch echt dankbar, ebenso für die allzeit verfügbare warme Dusche, den Wäscheservice, die Matratzen. Die einfache Tatsache, dass wir nicht jeden Tag überlegen müssen, wo wir die nächste Nacht verbringen. Drei Tage die Woche haben wir zudem frei, was uns Zeit gibt, die Umgebung zu erkunden, in den Bars, Cafés und Restaurants Luang Prabangs zu chillen, die Gitarre zu reparieren oder einen Blogeintrag zu schreiben. Oder mit einer der vielen Katzen hier zu spielen oder zu schmusen. Es ist schön, einen Ort zu haben, zu dem man jeden Tag zurückkehren kann. Eine Art Zuhause. Einen Kühlschrank, eine Küche, nette Leute, mit denen man sich verabreden kann. All das ist für uns selbstverständlich gewesen, als wir im April loszogen, die Welt zu entdecken. Inzwischen ist es etwas besonderes geworden. Etwas, worauf wir ruhelosen Vagabunden uns schon sehr freuen, wenn wir nächstes Jahr zurück nach Hause kommen. Heimat, Geborgenheit, Freunde, Familie… eine sinnvolle Beschäftigung, die Menschen hilft. Am besten nachhaltig.

Volunteerbuddies bei und mit der legendären Secret Pizza
Kuang Si Waterfalls nahe der Farm
Pakou Cave mit ihren zahllosen Buddhas

Wir sind dankbar

Dankbar dafür, in Frieden aufgewachsen zu sein, in einem Land, wo Wohlstand und Bildung die Regel sind, nicht die Ausnahme. Dankbar dafür, dass wir bei einem Waldspaziergang in der Heimat keine Angst vor Blindgängern und Landminen haben müssen. Dankbar, in Deutschland als Vegetarier gut leben zu können und nicht gezwungen zu sein, Ratten und Insekten zu fangen, um überhaupt an Proteine zu kommen. Dankbar für unsere deutsche Staatsbürgerschaft und den Reisepass, der uns dermaßen priviligiert. Dankbar für Arbeitsschutzgesetze, vernünftigen Mindestlohn, die 5-Tage-Woche. Dankbar für Religionsfreiheit. Dankbar für die medizinische Versorgung und unser Gesundheitssystem. Dankbar für ein funktionierendes Justizsystem. Dankbar für unsere Verkehrsregeln in Deutschland…

Denn…

Wir haben auf unserer bisherigen Reise und auch hier vor Ort anderes kennengelernt. Wir wurden Opfer von korrupten Grenzpolizisten – wie so ziemlich jede*r Überlandreisende hier. Sehen kleine Kinder, die spätabends am Straßenrand Blumenschmuck verkaufen. Frauen, die ihren Müll im Mekong entsorgen. Wir lernten verfolgte Christen in China kennen, Missionare, die ähnliches aus Vietnam erzählen. Wir treffen Leute, die den Motorradhelm höchstens wegen Polizeikontrollen tragen und hören beinah täglich von tragischen Unfällen auf unserem Arbeitsweg. Und auf der Arbeit lernen wir neue Freunde und Geschwister kennen, deren Geschichten uns tief berühren.

Sai

Er ist 20 und arbeitet seit einem Monat auf der Farm. Mit 12 Jahren kam er ins Kloster in Luang Prabang. Dort lebte er bis er 18 Jahre alt war, lernte alles über den Buddismus und meditieren, studierte unterschiedliche Fremdsprachen. Mit 18 Jahre trat er aus diversen Gründen aus dem Kloster aus. Viele laotische Jungen gehen diesen Weg und treten für einige Zeit in ein Kloster ein. Manche bleiben ihr Leben lang Mönch, andere treten aus und gründen selbst eine Familie.

Sai ist eines von neun Kindern, hat viele ältere und jüngere Schwestern und Brüder. Sein Vater ist aufgrund von Aussagen des Dorfältesten ins Gefängnis gekommen – laut Sai waren das Falschaussagen. Jetzt ist seine Mutter alleine mit der fünf Jahre alten Tochter. Die anderen Geschwister leben wie Sai nicht mehr zuhause, sondern entweder noch im Kloster, machen eine Ausbildung, ein Studium oder sind verheiratet und haben selber Kinder. Sai versucht seine Mutter zu unterstützen. Er hat deshalb nach seinem Collegeabschluss kein Studium aufgenommen, sondern das Arbeiten angefangen. Er arbeitet von 9 bis 17:30 Uhr auf der Büffelfarm, fährt dann mit dem Motorrad eine dreiviertel Stunde nach Luang Prabang zurück. Um 21 Uhr beginnt er dort das Arbeiten in einem der vielen Hotels als Rezeptionist. Dort übernimmt der den Nachtdienst bis morgens um 7 Uhr. Eine Stunde später muss er sich mit dem Motorrad wieder auf den Weg zur Büffelfarm machen. Er arbeitet sechs Tage die Woche in zwei Vollzeitjobs. Er erzählt, dass er in der Nacht ca. 3 Stunden schläft – je nachdem wie sehr er als Rezeptionist gebraucht wird. Ausmachen tut ihm das nichts, sagt er, denn er ist es vom Kloster gewöhnt, früh aufzustehen. Um 3:30 Uhr begann dort normalerweise sein Tag, war geprägt von meditieren, lernen und davon mit ausländischen Touristen ins Gespräch zu kommen, um seine Englischkenntnisse zu verbessern. Es ist spannend sich mit ihm über sein Leben auszutauschen. Unfassbar, wie er viel er arbeitet. Man sieht ihm an, dass er müde ist, aber ein Wort der Klage kommt nicht über seine Lippen. Stattdessen verbreitet er mit Lachen und Gesang gute Laune in der Eisdiele.

Sangtida

«Are you christian?», fragte die junge und schüchterne, doch ebenfalls stets lächelnd und lachende Sangtida, als Chris gerade etwas Besteck für das Café aus der Küche holte. Saisama, ihre witzige Arbeitskollegin, nennt Chris seltsamerweise bei seinem vollen Namen, Christian. Das muss Sangtida zu ihrer Frage veranlasst haben, auf die Chris nach mehrfacher Bestätigung seines Namens auch endlich die richtige Antwort hatte: «Ja, ich bin Christ». Freudestrahlend, lachend und hüpfend freute sie sich über diese einfach Antwort. Sangtida ist Christin und wir hatten keine Ahnung, dass es hier überhaupt welche gibt. Auch ihre Familie seien Christen. Noch am morgen habe sie gebetet, endlich mal andere Christen zu treffen, berichtet sie. Da ihre Familie in einem kleinen Dorf lebt, welches von Luang Prabang ca. 2 bis 3 Autostunden entfernt lebt, und weil sie außerdem jeden zweiten Sonntag im Café arbeitet, hat sie nicht häufig die Möglichkeit nach Hause zu fahren und dort Gemeinschaft mit anderen Christen zu haben, geschweige denn einen Gottesdienst zu besuchen. Sie liest jeden Tag mindestens eine Stunde in der Bibel und das gibt ihr Zuversicht und Hoffnung. Beides ist sehr wichtig für sie, denn ihre Mutter ist schwer krank. Sie hat ein Magengeschwür, welches operativ nicht entfernt werden kann, da die Mutter zu schwach ist. Eine Operation würde sie so nicht überstehen. Sangtida kauft jeden Monat die notwendigen Medikamente und die Infussionen für ihre Mutter. Sie zeigt uns ein Bilder ihrer Mama. Sie ist der Grund, warum Sangtida auf der Farm arbeitet – ebenfalls sechs Tage die Woche. Um etwas Geld zu verdienen, übernimmt sie zusätzlich gerne ein paar Nachtstunden, wenn alle anderen schon gegangen sind und stellt Eiscreme her. Sie strahlt Freude, Hoffnung und Liebe aus und die Begegnung mit ihr ist für uns mindestens so ermutigend wie anders herum.

Es sind die Begenungen mit solchen besonderen Menschen, die im Gedächtnis bleiben und die uns bewusst machen, wie dankbar und zufrieden wir sein können.

Eine kleine Ermutigung in diesem Zusammenhang: Chris hat an diesem Tag und am Tag zuvor jeweils eine recht hohe Summe Trinkgeld für seine Touren bekommen. Das hat ihn sehr überrascht und natürlich gefreut. Das gäbe ein paar gute Abendessen in den schicken Touri-Restaurants, von denen es in Luang Prabang einige gibt! … Bewegt von Sangtidas Geschichte wurde Chris bewusst, dass das Geld, dass man ihm schenkte, für sie und ihre Familie bestimmt war. Etwas unbeholfen traute er sich nicht ihr das Geld direkt zu geben, wusste jedoch auch, dass der Moment das Richtige zu tun schnell verstreicht. Ein sehr besonderer Moment der Reise folgte: Chris schickte Lisa vor und nicht umgekehrt :). Sangtida hatte Tränen in den Augen und freute sich über diese kleine Gabe. Wer sich aber besonders mitfreuen durfte, waren wir: Es ist unglaublich schön, anderen eine Freude zu machen, Segen, den man empfangen hat mit fröhlichem Herzen weiter zu geben.

An dieser Stelle nochmal ein Dankeschön von Herzen für diejenigen von euch, die uns in der Vergangenheit an ihrem Segen teilhaben ließen und an die, die uns auch in der Zeit unserer Reise immer wieder beschenken! Diese Erfahrungen des Empfangens und Gebens, die Erfahrung des Getragenwerdens, stärken unsere Zuversicht und unser Vertrauen und wir hoffen auf noch viele Möglichkeiten, teilen zu können, was wir haben. Möglichkeiten unsere Ängste und Sorgen, wie «Es ist nicht genug» und «Was wenn?» abzulegen und Schritte im Vertrauen zu wagen, um zusammen mit anderen zu wachsen.

Unserem Motto näher kommen: mit Glauben, Liebe und Hoffnung um die Welt

So, genug der Gefühlsduselei! Am Sonntag neigt sich unsere Zeit in Luang Prabang dem Ende und wir brechen erneut auf. Diesmal wieder in Richtung Süden, wo wir dem Ho Chi Minh Trail zur kambodschanischen Grenze folgen. Wo wir Weihnachten verbringen? Wissen wir nicht. Wir wissen nur: nächstes Mal sind wir wieder dabei! Euch bis dahin schonmal eine besinnliche Adventszeit. Und lasst uns gerne wieder ein paar Kommentare da! Über die freuen wir uns immer besonders! 🙂