Radlos am Reisen – Die Zweite

Das Boot, das Land der Inseln und der Beginn der Rückkehr

Pünktlich zum Tag Nr.300 unserer Reise gibt es diesen neuen Blogbeitrag von uns – und der hat es in sich! Ein Monat Ohne-Rad-Backpacking-Abenteuer in Indonesien. Also macht euch auf etwas mehr Text und dafür aber auch viele schöne Bilder gefasst 🙂 Holt euch einen Tee und macht es euch gemütlich. Jetzt geht’s los, da wo wir aufgehört haben…

Ciao, Singapur!

Unser vorerst letzter Tag in Singapur, der Stadt aus Beton, Glas und Geld, brach an. Ohne Frühstück eilten wir zusammen mit Eleana und Andy zur U-Bahn. Wir wollten die 10:00 Uhr Fähre nach Batam nehmen, also musste es zackig gehen.
In der U-Bahn verabschiedeten wir uns von unseren lieben Hosts und fuhren die Endstation Harbour Front an. Wir wuselten durch den Untergrund und viele Mall-hafte Gänge, bis wir schließlich zu den Ticketschaltern gelangten. Bei Sindo-Ferries konnten wir dann für umgerechnet knapp 30 Euro zwei Tickets ergattern. Wenn man mal überlegt, das uns das Ticket von Batam nach Jakarta gerade mal 12 Euro mehr kosten würde wird wieder bewusst, wie extrem überteuert das Leben in der Stadt der Millionäre ist.

Mit Tickets in den Taschen gingen wir dann noch schnell etwas zum Frühstücken suchen, checkten W-LAN, luden uns noch ein paar Streifen und Podcasts für die lange Überfahrt herunter und eilten schließlich zu unserem Boot. Tatsächlich hätte man meinen können, es sei unseres. Schließlich saßen außer Lisa und mir vielleicht noch zwei oder drei andere an Bord des Riesenschnellbootes. Da kann man dann auch die Preise nachvollziehen. Saudämlich, wenn ich das sagen darf. Vier Gesellschaften haben hier Boote liegen, die alle etwa um die selbe Zeit zum selben Ort fahren. Anstatt dass die gemeinsam EIN Boot fahren lassen… Tststs…

Wir legten ab und das Boot schoss entlang der Skyline, dann des Hafens und durch eine endlose Armada von Containerschiffen nach Westen, dann nach Süden gen Indonesien, konkreter: zur Insel Batam.

Batam – Ankunft in Indonesien

Hier angekommen mussten wir erst einmal Kröten in der neuen Währung ergattern. Die hatten dann zwar wieder unendliche viele Nullen (14.980 Indonesische Rupien sind etwa ein Euro), dafür kamen keine unbezahlbaren Gebühren auf die Abhebung.
Etwas nerviger wurde es hingegen als wir den Hafen verließen und uns Taxifahrer umschwärmten, uns – völlig überzogene „Spezial-Preise“ anboten – und einfach nicht von unserer Seite weichen wollten – etwas, an das wir uns jetzt, wo wir keine eigenen fahrbaren Untersätze mehr hatten und wie gewöhnliche Backpacker reisten, gewöhnen müssten. Schließlich sahen wir jedoch ein, dass die KM.KELUD, unser Schiff, tatsächlich gar nicht an diesem Fährterminal, sondern an einem anderen Hafen der Insel ablegen würde, wie uns die Fahrer wiederholt zu erklären versuchten. Da waren Chris Informationen aus dem Netz etwas veraltet. Nachdem wir im Ticket-Office der Reederei, welches noch hier war, Tickets für umgerechnet 42 Euro (2 mal Ekonomi) erstanden, ließen wir uns auf den an uns haftenden Taxifahrer ein, der uns dann in sein etwas baufälliges Gefährt (kein Taxi) lud (keine Gurte) und uns etwa eine halbe Stunde über die Insel fuhr. Sicher hätte es einen Bus gegeben, aber wir tauschten schließlich den Komfort dieser schnellen Lösung gegen fünf Euro. Doch wenn wir so weiter machen würden, würde das mit dem Heimkommen doch noch eine knappe Kiste.

Zwar waren wir uns fast sicher, dass es Essen auf der Fähre geben würde, aber wir hatten keine Ahnung was. Mit Sicherheit gäbe es dort eher fleischiges als vegetarisches Kantinenfutter. Also deckten wir uns in einem Supermarkt noch mit Keksen, Haferflocken, Schokomilch und Chips, Getränken und Co ein und aßen unser erstes indonesisches Mittagessen, bevor wir zum Hafen rüber liefen.

Hier landeten wir in einem Getümmel von einheimischen Wartenden, die sich bereits in Schlangen am Eingang eines eher Schmuddeligen Gebäudes versammelten oder über den Asphalt vor dem Gebäude auf dem Boden lagernd warteten, umgeben von fahrenden Essenshändlern und Eis-Kaffee-Panschern.

Nach einer gefühlten Ewigkeit setzte sich die Schlange langsam in Bewegung. Sehr langsam. Wir standen sicher noch eine Stunde in der zähfließenden Menschenmenge, wackelten durch Ticket- und Sicherheitskontrollen, Hunde beschnüffelten Taschen, Mütter hielten ihre Kinder mühsam beisammen, Menschen husteten, schwitzten, fächelten und mittendurch schleppten Träger rießige Koffer und Bündel durch die vor uns liegenden Gänge.

Schließlich traten wir ins Freie, wo wir über eine Rampe (das scheint hier normal zu sein) in einen Bus stiegen, dessen Tür in etwa 90cm Höhe vom Boden aus kaum besteigbar wäre. Der Bus wurde derart voll, dass man während der ruppig-ruckeligen Fahrt kaum hätte umfallen können. Gut durchgeschüttelt ergoss sich schließlich der Wageninhalt über das Pier, an dem mehrere große Schiffe lagen, u.a. die KM.KELUD, unser Schiff. Mit dieser schwimmenden, stählernen Festung würden wir nun eine 33-stündige Fahrt über den Äquator hinweg nach Java antreten. Noch einmal tief Auf- bzw. Durchatmen.

KM Kelud

Zwischen Trägern, Familien, Koffern und Wägen hindurch wurden wir schließlich vom Schiffspersonal zu unseren Liegen durch den in zwei Ebenen mit Betten gefüllten 4. Stock im Bauch des Ungetüms geführt, bis ganz nach vorne, wo wir unsere Betten mit den fünfstelligen Nummern vorfanden. 4. Stock, ganz hinten. Das würde man immerhin wiederfinden.

Wir blieben hier erstmal sitzen, während sich der Stock zusehends mit Menschen und deren Hab und Gut füllte. Betten wurden belegt, getauscht, geräumt für andere und wieder mit allerlei Taschen belegt. Es war einigermaßen kühl, etwas feucht, dämmrig – und sehr voll.

Auf unserem offenen Deck gab es mehrere Toiletten- und Waschräume, welche täglich mehrfach gereinigt wurden – weil es nötig war. Aus den Pissoirs (schreibt man das so?) floss das … „Wasser“ zum Teil einfach in eine Art Graben, vereinte sich mit dem Abwasser der Duschen und schwappte mit jeder größeren Neigung des Schiffes von einer Seite des Raumes auf die andere.

Obgleich es eng war, unhygienisch und schwül – irgendwie hielten wir es aus auf unseren Liegen. Vielleicht lag es jedoch auch daran, dass wir gar nicht wussten, wo wir hätten hingehen können. Doch nach einer ganzen Weile machten wir uns doch auf und erkundeten die über uns liegenden Decks und die Außenbereiche.

Hier draußen tummelten sich all diejenigen, die es drinnen nicht aushielten oder einfach eine Rauchen mussten. Denn das war zum Glück – mit Ausnahme der Cafeteria – im Schiff untersagt. Wir holten uns mit unseren Tickets je eine Plastikschale Essen am Essensschalter der Ekonomi-Klasse und setzten uns nach draußen, wo wir schließlich den Reis und Chris auch das bisschen Hähnchen dabei bedächtig verzehrten. Lust hatte er darauf nicht, wir sind ja eigentlich beide Vegetarier, aber verkommen lassen kam für ihn auch nicht in Frage. Schmeckte dann auch eigentlich ganz okay. Nur für Lisa blieb es dann bei Reis. Zum Glück hatten wir ja aber vorgesorgt, und so konnten wir während des farbenfrohen Sonnenuntergangs noch ein paar Snacks genießen.

Während wir für unser Essen anstanden wurden wir von ein paar Frauen angesprochen, die uns bereits auf unserer Entdeckungstour über das Oberdeck grüßten. Sie fragten, ob wir Christen sein, was – in dem muslimischen Land in dem wir uns nun wieder befanden – eine überraschende Frage war und etwas aus dem Konzept brachte. Doch war es so, dass es neben der Moschee, die es an Bord gab und in der regelmäßig gebetet wurde, auch christlich-ökomenische Gottesdienste auf diesem Schiff abgehalten wurden. Und zu diesem wurden wir an dieser Stelle eingeladen. Chris meinte soetwas bereits über eine indonesische Durchsage aufgeschnappt zu haben, war sich aber nicht sicher. Nur wussten wir jedoch bescheid und so fanden wir uns wenig später im Bord-Restaurant ein, wo auf einer kleinen Bühne bereits Musiker dabei waren, sich einzuspielen und die Technik einzustellen. Wir kannten weder die Lieder, noch verstanden wir etwas von der Predigt, doch war es spannend und schön, hiervon Teil sein zu dürfen. Und zumindest Chris sang mit dem Liedheftchen in der Hand ungeachtet des Verständnisses lauthals mit.

Vor uns lag nun eine recht unerholsame Nacht. Was Lisa nicht weiter zu stören schien hielt Chris lange wach, weckte ihn und ließ ihn schließlich nicht mehr einschlafen: Schnarchen, Schniefen, Schlürfen, schleimiges Husten – noch beim Gedanken daran rollen sich Chris die Fußnägel auf. Ab 5:30Uhr ging dann auch wieder die Glotze an und beschallte lauthals die schlafende und dösende Menschenmenge hier im vorderen Teil des dunklen Schiffrumpfes.

Während Chris durch Liegenbleiben und Dösen hoffte noch etwas an Erholung zu gewinnen, holte Lisa mithilfe des Tickets Frühstück für uns beide. Gebratene Nudeln mit Ei, dazu Schokomilch und Wasser. Nachdem wir das kurz vor Mittag schließlich verputzt hatten, gingen wir in die kleine Cafeteria, versuchten am Blog zu arbeiten und setzten uns schließlich wieder nach draußen bis die Sonne unterging.

Java

Um etwa 21:00 Uhr erreichten wir – nach einer schier endlosen Fahrt durch Jakartas Hafen, den Pier an dem wir anlandeten. Wir kämpften uns – wortwörtlich – durch die Menschhenmengen, die völlig sinnlosen Kontrollen und schließlich durch die Taxi-Fahrer-Traube vor dem Hafengebäude, um zum naheliegenden Bahnhhof zu kommen. Ein Junge, der uns auf der Straße begegnete, führte uns hin. Doch der Bahnhof war verwaist, Schalter geschlossen. Heute würde kein Zug mehr fahren, sagte uns ein junger Mann, scheinbar Sicherheitsbeamter hier. Er gab uns einen Hotspot, sagte uns von welchem Bahnhof wir nach Banyuwangi (Fähre nach Bali) am nächsten Tag abfahren könnten und er organisierte uns über GRAB einen Fahrer, der uns dort hin brachte. Hier suchten wir den Ticketschalter und kauften Tickets für den Zug nach Surabaya. Das Anschlussticket für den 4:00Uhr Zug könnte er uns nicht verkaufen, doch vor Ort könnten wir das sicher bekommen, versicherte uns der Service-Mitarbeiter selbstbewusst. Was davon zu halten wäre, würden wir dann dort herausfinden. Nun jedoch stand uns nocheinmal eine recht entspannte Nacht bevor. Nunja, nachdem wir ein bezahlbares Hotel ausfindig gemacht hatten. Mit dem Hotspot des Sicherheitsmitarbeiters hatte Chris bereits nach den Hotels in der Nähe gesehen. Doch der Online-Preis, von dem wir ausgingen, hätten wir hier nicht bekommen. An der Rezeption des OYO Hotels direkt am Bahnhof wollte man den doppelten Betrag dessen, was der Buchungsdienst versprach. Nach etwas hin und herüberlegen und mit etwas Selbstüberwindung fragte Chris den Parkplatzwächter nach einem Internetzugang. Mit diesem buchte er das Zimmer online und wir checkten ein. Wir leben schon in einer komischen Welt… Hätten wir bessere Erfahrungen mit Couchsurfing gemacht, würden wir wahrscheinlich gar nicht immer nach Zimmern suchen – besonders angesichts unseres Budgets – doch das ist leider einfach zu unzuverlässig. Und zu spät. Müde aber geduscht fielen wir ins Bett.

Da wir uns zu viel Zeit beim Aufstehen und Packen ließen verpassten wir das Frühstück, das hier angeboten wurde dummerweise und selbst auf dem Weg zum Zug kamen wir aus Sorge, zu spät zu kommen, nicht mehr dazu, etwas zu Essen zu besorgen.Doch zum Glock hatten wir noch etwas Hafer und die Schokomilch, die wir für das Schiff besorgt hatten. Damit kamen wir bis zum Nachmittag über die Runden. Im Zug gab es dann noch Tofu mit Chilis.

Spät nachts – oder eigentlich fast schon wieder früh morgens – kamen wir in Surabaya, einer Küstenstadt an der Nordküste Javas, an, wo wir – so die Aussage des Bahnmitarbeiters – nun das günstige Anschlussticket für den 4:00Uhr Zug kaufen sollten. Nun, aus dem „nun“ wurde dann erstmal nichts, da der Ticketschalter bis 3:00 Uhr nicht besetzt sein würde. Und bis wir checkten, dass wir auf der falschen Seite des Bahnhofes und somit vor dem falschen Ticketschalter warteten – war es bereits halb Vier und mit den „günstige“ Tickets war es jetzt auch vorbei. Am richtigen Schalter gab es die versprochenen Tickets nämlich nicht mehr, sondern nur noch die besonders teuren für umgerechnet 40Euro für uns beide. In Deutschland würde man das noch Supersparpreis nennen, doch nicht hier und nicht wir, mit unserem Budget.

Um 9:00 Uhr anstelle von 4:00 Uhr fuhr unser Zug schließlich, was uns ungewollte Zeit gab, es uns auf den Bahnhofs-Sitzbänken „bequem“ zu machen. Völlig fix und fertig und immernoch etwas säuerlich wegen des vierfach höheren Fahrpreises stiegen wir in den Zug, doch wir wurden sofort versöhnt mit dem Preis, als wir in die superbequemen Sitze plumpsten, die Fuß- und Rückenlehnen umklappten und nun den Schlaf nachholen konnten.

Wir genossen die Fahrt, die fabelhaften Aussichten über Reisterrassenlandschaften, hindurch zwischen Bananenstauden und Kokospalmen, vorbei an hübschen kleinen Bahn- und Bauernhöfen, Kühen und Büffeln, Rikschas und Kutschen, wartenden Rollerlawinen an den Bahnübergängen und schließlich – an der Küste. Wir waren in Banyuwangi bzw. Ketapang angekommen. Nach fast zwei vollen Tagen Zugfahrt und über 1.000 Kilometern über die Insel Java hinweg waren wir nun an deren östlichem Ende angekommen.

Wir sattelten unsere Taschen und folgten ein paar Backpackern, die scheinbar wussten, wo sie hin mussten. So kamen wir an den Fährhafen, wo wir nun erst mal eine Geld-Karte kaufen und aufladen sollten, um damit dann das Fährticket zu bezahlen. Nach dieser lächerlichen Prozedur wurden wir noch von Beamten der Tourismusbehörde interviewt, die scheinbar eine Umfrage machten. Doch wirklich gut Auskunft konnten wir ihnen mit unseren zwei Tagen Bahnfahrt nicht geben über unseren Aufenthalt auf Java.

Bali

Mit der Autofähre ging es dann, über die schmale Meerenge zwischen den Inseln, innerhalb einer Stunde rüber nach Bali. Es war bereits recht spät und als wir am Busbahnhof nahe des Fährhafens ankamen, hatten wir noch keine Ahnung wo wir denn auf Bali überhaupt hin wollten. Chris hatte für sich bereits entschieden, dass er über den wenig touristischen Norden der Insel an dessen Ostküste nach Amed fahren wollte. Dort sei es günstig, toll zum Schnorcheln und es gebe ein Bootsverbindung nach Lombok.

Doch durch die kurze Diskussion verpassten wir den letzten Bus dorthin. Also gingen wir Essen, kauften eine SIM-Card und suchten uns eine Bleibe für die Nacht. Lisas Bali-erfahrene Tante Manu coachte uns dann per WhatsApp noch über die Insel und so entschieden wir uns am nächsten Morgen einen Kleinbus nach Amed zu suchen.

Nach einer einigermaßen guten Nacht in der schmuddeligen Absteige, die wir fanden, die aber auch nur 5,30Euro kostet, ging es mit einem Kleinbus in den Norden der Insel. Dort angekommen versicherten uns die Fahrer der dort wartenden Busse, die Verbindungen nach Amed gingen von einem anderen Busbahnhof im Osten des Ortes ab, was uns dazu veranlasste, uns für zu viel Geld einmal durch den Ort auf die andere Seite (6km) fahren zu lassen. Doch mit den Preisrelationen, die uns die Busfahrer im Westen sagten, hatte das hier im Osten nichts zu tun. Die Fahrer hier sind nicht organisiert, zumindest nicht nach deutschem Verständnis. Hier zählt was Geld bringt. Und da Touristen Geld haben, zählt, was es ihnen aus den Taschen leiert. Dementsprechende Unsummen wollten nun die Fahrer der Kleinbusse hier von uns haben, um mit ihnen in den Osten der Insel zu fahren. Schließlich gingen beide Parteien – wir und die Fahrer – kopfschüttelnd übereinander auseinander. Wir versuchten zu trampen, aßen zu Mittag, liefen ein Stück weiter und versuchten es erneut. Wir hatten sogar ein schönes Pappschild gebastelt, als einer der Fahrer, die uns vorher nicht für den von uns genannten maximalen Preis fahren wollten, vorbeikam und meinte, es sei zu heiß in der Sonne und er würde uns für den Preis mitnehmen. Also schlugen wir ein. Sein Büsschen war inzwischen auch voll geworden. Sicher zahlte keiner der anderen einen ähnlichen Preis.

Doch schließlich schafften wir es mit ihm zu unserem Ziel und wir hatten sogar noch Zeit in Amed einen Roller zu mieten, ein schönes, sehr günstiges Zimmer zu beziehen und zum Sonnenuntergang an eine Klippe zu fahren, wo wir dann unseren ersten richtigen Tag auf Bali schön ausklingen lassen durften.

Abendessen (Gado Gado) vor dem majestätischen Vulkan Agung

Am folgenden Tag schliefen wir etwas länger, frühstückten und machten uns auf, um Schnorcheln zu gehen. 🙂 Keine Zeit zu verlieren! Und nach fünf Tagen unterwegs wollten wir damit feiern endlich angekommen zu sein 🙂

Wir fuhren zu einem japansichen Bootswrack, das wir mit Flossen und Schnorchelzeug erkundeten – auch wenn Chris mit seinem Bart etwas Probleme hatte, die Taucherbrille dicht zu bekommen und Lisas aufgrund ihrer Sehschwäche und mangelnder Kontaktlinsen kaum etwas erkannte. Das würde für weiteres Schnorcheln zu beheben sein. Doch Kontaktlinsen bekamen wir hier nicht – dafür den Bali-Belly. Zumindest Chris zerbröselte es für den Rest des Tages. Schnorcheln war dann nicht mehr, eher Schnarchen am Strand.

Lombok – schönes Wiedersehen und unschönes Willkommen

Am kommenden Tag legte dann unser Boot von Amed nach Lombok ab, wo wir hofften am späten Vormittag unseren guten Freund Fabian aus Eberswalde sowie seine Verlobte Melly zu treffen, welche die Tage zuvor auf den kleinen vorgelagerten Inseln (den Gilis) verbracht hatten.

Als wir nach einer Stunde erst die Inselgruppe und dann schließlich Lombok anfuhren und wir ausstiegen, wurden wir schnell wieder von Fahrern bzw. Fahrtvermittlern belagert. Die meisten konnten wir abschütteln und so warteten wir an dem Spot, wo die public ferries, die öffentlichen Boote von Gili Air landeten. Hier sprach uns ein älterer Mann in gelbem Hemd an, er würde uns einen besonderen Preis machen – und der war tatsächlich weit niedriger als die Preise, die die anderen haben wollten, um uns zu unserem vorgebuchten Hotel zu bringen. Doch hatten wir den Bonus des Local-Wissens: Über Fabians Schwester Nina, die hier lebte, arbeitete und eben auch hier in wenigen Tagen heiraten würde (was der Anlass der weiten Reise gab), wussten wir, dass wir maximal 100.000 Rupien für die Strecke zahlen dürften.

Obwohl wir den Mann mehrfach abwiesen, blieb er jedoch beständig bei uns und fragte uns aus. Als Fabian und Melly schließlich eintrafen, wir sie begrüßt und uns etwas unterhalten hatten, kam der Fahrt-Vermittler wieder an und wollte uns zu seinem Fahrer bringen. Als Chris dabei blieb, das wir maximal 100.000 Rupien zahlen wurden, wurde er bereits sauer. Wir seien ja nun zu viert, das würde dann auch mehr kosten. Als wir zum Taxistand gehen wollten verfolgte er uns und schlug immer niedrigere Preise vor. Dabei fluchte er jedoch, wurde immer aggressiver und scheinbar verzweifelt. Wir wollten allesamt nur noch Weg von ihm, da er uns inzwischen anschrie. Als er Chris erst am Arm packte, dieser ihm sagte, er solle sich beruhigen, er wieder handgreiflich wurde und Chris am Kragen packte und zum Schlag ausholte und trotzte, ich solle doch die Polizei holen, schritt Melly ein und gab dem aufgebrachten Wüstling 10.000 Rupien, damit er verschwand. Völlig geschockt und dankbar für Mellys Rettungsaktion suchten wir ein Taxi. Doch der Tumult mit dem Fahrt-Vermittler ging uns noch lange nach. Besonders da er im Weggehen noch drohte: „I know where you stay“. Melly – wenig hilfreich in diesem Moment – meinte noch gehört zu haben, wie er „I will kill you“ sagte.

Mit diesem wenig freundlichen Willkommen starteten wir vier also auf Lombok. Es dauerte noch den ganzen restlichen Tag, diesen Schreck zu verarbeiten und Chris begleitete die Sorge, er könnte das ernst gemeint haben noch bis in den Schlaf.

Chillen am anderen Ende der Welt – am Wendepunkt unserer Reise

Wir bezogen unser Zimmer im Cici Bungalows, ein kleines Bambus-Bungalow mit Badezimmer im Freien. Und gleich beim Reinkommen bemerkten wir, dass wir nicht alleine waren: wir hatten einen Mitbewohner. Eine große Echse, circa 30 cm lang hing an der mit Bambus verkleideten Decke der Hütte. Und unter ihm auf unserem Bett fanden wir seine Hinterlassenschaften. So begrüßt wussten wir immerhin, worauf wir zu achten hatten. Schließlich hielt Lisa Chris davon ab, das Tier zu verscheuchen: „Entweder du fängst ihn oder du gibst ihm einen Namen und findest dich damit ab.“ Er hieß schließlich Draco und wir würden noch häufiger seine Hinterlassenschaften beseitigen.

Das Hotel war sonst ein echter Glücksgriff. Für 7 Euro in der Nacht hatten wir hier einen Bungalow und einen tollen Pool. Da wir in den folgenden Tagen beide mit Magenproblemen und dem Zeitmanagement der Familie Quirmbach zu tun hatten, verbrachten wir relativ viel Zeit dort und Chris machte größten Nutzen aus dem Pool.
Schade nur, dass wir durch all das kaum dazu kamen, die Insel wirklich zu erkunden und die Strände in der Umgebung zu genießen. Die damit verbundene Unzufriedenheit von Chris und Lisas Leiden mit dem plötzlich geschwollenen, roten Zeckenbiss von vor zwei Wochen, welcher uns zusätzlich zu den nicht enden wollenden … „Verdauungsproblemen“ Sorge bereitete, belasteten unsere Beziehung: Wir jammerten, zickten und schmollten, verschwendeten Tage mit Fahrten zu Kliniken wo man keine Ahnung von Zecken und Bissfolgen hatte und verloren zu allem Überfluss noch beinahe sämtliche Handy-Fotos und -Videos die Chris seit Thailand aufgenommen hatte wegen zwei billigen und scheinbar korrumpierten Speichersticks, die Chris gerne Fabian mit nach Hause geben wollte – als Back-Up. So musste Chris auf die harte Tour lernen, dass a) es Leute gibt, die USB-Sticks so programmieren, dass sie statt 56 MB eine Speicherkapazität von 64 GB anzeigen sowie b) dass man auf keinen Fall Dateien ausschneiden bzw. verschieben darf, wenn man ein sicheres Back-Up erzeugen will… Chris Ärger war unendlich groß. Über sich, über die Verkäuferin die keine Ahnung hatte, über die Welt, in der man so verarscht werden konnte. Aber vor allem über sich.

Aber zum Glück hatten wir dann doch immer wieder Ablenkung und mit der Zeit entspannte sich die Situation auch wieder. So gingen wir mit unseren Freunden Melly und Fabian sowie dessen Papa Hans-Werner auf Wasserfall-Tour in den Norden der Insel, wo wir im heftigen tropischen Regen die Wasserfälle fast nicht vom Wetter unterscheiden konnten, Chris es aber total genoss und an seine Costa Rica Zeit erinnert wurde.

Lisa wurde auf Brautmoden-Schau mitgenommen und aß mit Danas Familie einheimische Köstlichkeiten, Chris fuhr mit Fabian auf dem Roller um gefühlt die Halbe Insel, um Schnorcheln zu gehen – was super schön und paradisisch war, aber im Endeffekt mehr Rollersafari als Schnorcheln. Dafür sahen wir auf der Straße auch einen riesigen Waran. Wir wurden von Ninas und Fabians Eltern in deren Stamm-Hotel ins Restaurant zum Essen eingeladen, schlemmten und genossen grandiose Tanzvorführungen mit tollen TänzerInnen und Flamenco, Tango und Salsa sowie traditionellen Kampf-Tänzen von Lombok. Es war eine tolle Show und ein wirklich schönes Ambiente. Dafür machten uns die Preise – für das was wir gewohnt sind – ganz schön schwindelig. Umso dankbarer waren wir für die Einladung zu diesem Erlebnis. Aber letztlich kamen wir zum Highlight und eigentlichen Grund unserer Reise nach Lombok, der Insel die wir vorher gar nicht kannten, nämlich…

Janinas und Danas Hochzeit

Zwei Tage später als der eigentliche Hochzeitstermin am 02.02.2020, also am 4. Februar, fand die Trauung unserer erst-über-Eck-und-nun-auch-direkt-Freunde statt. Hochzeiten sind auch auf der muslimisch geprägten tropischen Insel eine wichtige Angelegenheit – aber was die Organisation und die Feier angeht ist man da scheinbar einiges entspannter als bei unsereins in Deutschland. Zweimal wurde die Hochzeit verschoben, weil entweder das KUA, das muslimische Religionsamt, geschlossen war oder andere Vorbereitungen noch zu treffen waren, an die man vorher nicht gedacht hatte. Noch einen Tag weiter hätte die Hochzeit nicht verschoben werden dürfen, da Fabian und Melly am nächsten Tag schon abfliegen würden. So klappte es dann aber und wir trafen uns am Morgen um 9:00 Uhr vor einem kleineren, aber offiziell wirkenden Gebäude, in dem sich im Untergeschoss Ordner stapelten, während im oberen Stockwerk in einem kleinen Saal schließlich die Zeremonien gehalten wurden.

In einem strahlend weißen Kleid mit Schleier gekleidet und mit aufwendigem Make-Up versehen, wurde die Braut mit dem Taxi von den Eltern vor die Tür gefahren, wo wir sie antrafen, als wir mit dem Roller über die Schwelle zwischen Straße und Hof huckelten. Janina sah prächtig aus, wenngleich es ungewohnt war, die eher natürlich-sportliche Braut nun derart geschminkt zu sehen. Um den Anforderungen für die traditionelle Hochzeit zu Erfüllen ließ sie sich am Morgen zwei Stunden lang von einer Visagistin zur Filmprinzessin stylen – und dasselbe würde sie am Abend noch einmal durchmachen, verriet sie uns. Angeblich musste sie die Visagistin noch davon abbringen ein viertes Paar falsche Wimpern anzubringen… Was Frau nicht alles macht! 😉

Wir gingen hinauf vor den Saal, zogen unsere Schuhe aus und setzten uns um das Brautpaar herum auf den Teppichboden. Da wir von Janina kurzerhand wegen unserer „guten Kamera“ zu den Hochzeitsfotografen ernannt wurden, suchte Chris sich einen Platz hinter den Amtsträgern, die die Zeremonie leiteten, damit er Dana und Nina gut von vorne im Blick hatte. Es ging los.

Vor uns, der Familie und den 20 notwendigen männlichen Zeugen muslimischen Glaubens wurden nun Abstammungen erklärt, Gelübde auf arabisch abgelegt bzw. nachgesprochen und schließlich gebetet. Während dieser für uns interessanten aber völlig unverständlichen Zeremonie gab es eine kleine Spannung, als es unerwartet hieß, der Vater Janinas dürfe seine Tochter nicht „übergeben“, da er nicht muslimischen Glaubens war. Das löste insbesondere bei Christiane, der Mutter, Empörung aus. Hans-Werner ließ es dennoch geschehen und folgte dem Vorschlag der Männer, Janina und Dana auf Deutsch Rat und gute Wünsche für die Ehe zuzusprechen.

Mit einem Gebet, dem Anstecken des Ringes gefolgt von dem scheinbar obligatorischen Handkuss Janinas an Dana endete die Zeremonie. Es wurden einen Haufen Fotos gemacht, Hände geschüttelt und schließlich wurden Wasser und süßes Gebäck ausgeteilt und man aß zusammen auf dem Boden des Saals sitzend, bevor sich die Versammlung nach und nach nach Draußen begab.

Der erste Teil der Hochzeit, die Trauung, war gelaufen. Das Brautpaar würde nun zur Familie fahren und dort Essen, die Männer im Haus des „Obermuftis“ beten. Nach einem gemeinsamen Essen in demselben Haus hieß es, wir könnten um sieben Uhr zur Feier zurückkommen und solange tun was wir wollten. Also fuhren wir nochmal ins Hotel zurück, schrieben am Blog, verpackten unser Geschenk, das aus Mitbringseln der bereisten Länder bestand, und planschten im Pool, bis wir schließlich um halb fünf wieder aufbrachen, damit Lisa als Fotografin bei der zweiten Schmink-Session dabei sein könnte. Chris ging indes nochmal auf die Suche nach einem Speichermedium für das Back-Up der Fotos die er unbedingt noch Fabian mitgeben wollte. Mit einer Festplatte als Beute kam er schließlich zurück. In der Stube des (einzigen) schönen Hauses in der Fischer-Siedung war eine Bombenstimmung: Schwägerinnen, Melly, Mutter Christiane und die beständig Fotos knipsende Lisa lachten zusammen mit der Braut, während die ebenfalls gut gelaunte Visagistin Pinsel, Puder, Liner, Lippenstifte, Glätteisen, Bürsten und Co durch die Luft schwang und Janina mit jedem Schwung und Strich mehr in eine Porzellanpuppe bzw. Märchenprinzessin verwandelte. Alle, einschließlich Dana, hatten großen Spaß daran, dabei zuzusehen. Auch er wurde noch gestylt und geschminkt und schließlich, nach ganzen zweieinhalb Stunden Schminken, Stylen und in das nächste Traum-Hochzeits-Kleid gehüllt werden, traten die beiden hinaus und gingen – gefolgt von Familie, Nachbarn und Freunden – voraus in Richtung Festplatz.

Doch was bei uns ein großes Festessen mit Ansprachen, Tanz, Spielen und Scherzen wäre, sah hier im muslimischen Fischerdorf doch etwas anders aus: In Stuhlreihen saßen die Gäste nun vor der Bühne und schauten auf das Brautpaar, das über ihnen thronend auf einer Couch zwischen Blumen und bunten Lichtern saßen und während die Gäste nun je ihren Teller vom kleinen Buffet mit einfacher, aber leckerer lokaler Kost auffüllten und aßen, mussten die beiden da sitzen und nur eines tun: Gut ausschauen. Nach etwa einer Stunde, während derer die ziemlich gute aber viel zu laute Life-Band spielte und alle ihre Portionen verputzten, kamen nach und nach Gäste nach vorne auf die Bühne, um Fotos mit dem Brautpaar zu machen. Schließlich gingen auch wir, die Familie und die kleine Gruppe deutscher Freunde nach vorne und wir überreichten nacheinander unsere Geschenke. Damit waren wir aber tatsächlich die einzigen, da es wohl üblich war, dass die Gäste einen Betrag Geld in einem Umschlag in eine Box am Buffet warfen.

Als es allmählich spät wurde und auch die Ohren langsam wirklich schmerzten von der lauten Musik, alle die wollten sich von Lisa und Chris mit dem Brautpaar ablichten ließen und die Band nun vom Band abgelöst wurde, machten sich Dana und Nina auf um zu gehen. Erst jetzt begannen einige der Gäste sich aus der Starre zu lösen und tanzten zur Musik. Zwar waren wir etwas überraschte, dass die Feier dann doch nur so kurz dauerte und auch erst zum Ende hin den Charakter einer Feier wirklich annahm, aber wir waren auch etwas erleichtert, als wir uns von dem viel zu laut beschallten Festplatz wieder aufmachten. Aber sicher nicht annährend so erleichtert wie das Brautpaar, das ohne Essen oder Toilette und dafür in Smoking und Brautkleid über zwei Stunden ausharren musste, während sich die Gäste tummelten, aßen und unterhielten. Zumindest sah man es Nina an, wie erleichtert sie war, aus dem heißen Kleid mit der endlosen Schleppe herauszukommen und sich wieder normal bewegen zu können. Lisa und ich machten uns indessen auf unseren Roller, der vom Cousin Danas geparkt wurde, wiederzufinden und im Fahrtwind auf dem Heimweg wieder auf angenehme Temperaturen heruntergekühlt zu werden.

Alles in allem war der Tag für uns ein spannender Einblick in diese andere Kultur, insbesondere die morgendliche Zeremonie im KUA und wir sind superdankbar dafür, daran teilgehabt haben zu dürfen. Aber wir sind auch ganz froh darüber, dass es bei uns etwas anders zuging. 😉 Wenn die beiden dann in Deutschland nachfeiern, wird das sicher auch nochmal anders ausfallen.

Vom Rinjani nach Gili Meno

Am nächsten Tag frühstückten wir dann nochmal mit Melly und Fabian zum Abschied, bevor sie das Taxi zum Boot und das Boot nach Bali bringen würde, von wo aus sie am nächsten Tag nach Hause fliegen würden. Wir hatten vor, mit dem Roller noch ein wenig die Insel zu erkunden und dank Hans-Werner und Christiane, die noch eine Weile länger auf der Insel bleiben würden, konnten wir unseren größeren Rucksack dort lassen und mit Minimalgepäck losziehen.

Chris wollte unbedingt versuchen, auf den Rinjani, den zweithöchsten Berg Indonesiens mit über 3.700m Höhe und Vulkan zu kommen. Beziehungsweise auf den Kraterrand, denn man sagte uns, dass seit dem Erdbeben vor zwei Jahren Wege verschüttet und die Zugänge zum Berg gesperrt wären. Doch was uns eher abhielt hinaufzusteigen, waren die Preises für die Touren an den Kraterrand und die mangelnde Ausrüstung, es alleine durchzuziehen. Wir hatten nicht mal festes Schuhwerk, geschweige denn warme Klamotten oder Zelt und Isomatten und da sich die Besteigung nur mit Übernachtung lohnt, da bereits ab 11:00 Uhr morgens wieder alles in Wolken gehüllt sein würde, würden wir das brauchen. Oder besser gesagt, würde Chris das brauchen. Lisa hatte nämlich gar nicht vor mit hinauf zu gehen. Und ehe wir uns versahen, hatte Chris zu lange gezögert und die letzte Möglichkeit verpasst, doch noch eine preislich sogar günstigere Zweitages-Tour mit zu machen. Man sagte uns, wir könnten einen Tag warten und am nächsten Tag hinauf und einen weiteren Tag später wieder herunterkommen. Aber da Lisa dann drei Tage hier hätte verbringen müssen und viel lieber am Strand wäre und unser Zeitplan für die nächsten Tage das auch eher nicht hergab, entschieden wir uns, zurück an die Küste zu fahren und nicht auf Vulkan zu steigen. Es fiel Chris wirklich schwer (Kommentar: Und ich finde es immer noch sehr schade), von seinem Traum auf und in einen Vulkankrater zu steigen und dann die Nacht oben zu verbringen und den Sonnenaufgang über den Wolken zu erleben, aufzugeben.

Aber sei es drum – dann würden wir eben wieder schnorcheln gehen. Und vielleicht ja auch richtig Tauchen, wie Chris hoffte, der laut Lisa immer Angst habe, etwas zu verpassen. (Kommentar: Ich würde sagen, mich treibt die Sehnsucht nach tollen Erlebnissen – sonst wären wir doch gar nicht erst los!)

Immerhin genossen wir hier einen Abend und einen Morgen lang traumhafte Ausblicke über die wunderschönen Reisterrassen an den Hängen des Rinjani…

Auf den Gilis

Wir fuhren zurück, holten unsere Sachen im Hotel bei Christiane und Hans-Werner ab, wurden dort nochmal in den Pool eingeladen und konnten uns noch bedanken und verabschieden, bevor wir schließlich aufbrachen, um auf die „Gilis“ im Nord-Westen Lomboks zu fahren. Genauer gesagt, Gilli Meno, die „Honeymoon-Insel“. Nach einem bangen Moment am Hafen, in dem wir hofften, nicht wieder auf den verrückten Taxi-Vermittler zu treffen, bestiegen wir das letzte Boot des Tages nach Gili Meno, checkten uns einen günstigen Bungalow und genossen dessen Komfort und Ruhe.

Am kommenden Tag liehen wir uns Schnorchel-Sets und Flossen und machten uns auf, die großen Meeresschildkröten zu besuchen, die es hier zuhauf geben sollte. Und tatsächlich wurden wir im Norden der kleinen Insel nach einem etwas schwierigen Einstieg und weitem Hinausschwimmen fündig: zweimal trafen wir zwischen bunten Fischen und riesigen Korallen auf einzelne Schildkröten, die am Grund in etwa 3-4 Meter tiefe rasteten. Da aber Lisas Schnorchel ständig Wasser einsog, blieben wir hier nicht lange und kehrten wieder zu unserer Unterkunft zurück, wo die Besitzerin „Mama Melani“ uns zu ihrer Tochter an den Schnorchel-Stand bei deren Restaurant schickte, um das Set zu tauschen. Nach einem kleinen Mittagessen am Strand warfen wir uns wieder in die Wellen und besuchten die Unterwasser-Skulpturen im Westen der Insel. Spannender als dieser Taucher-Selfie-Spot war allerdings die Umgebung, denn als wir nach Norden an der Riffkante entlang schwammen, kamen wir durch Schwärme kunterbunter kleiner Fische, sahen Kugelfische und allerlei ulkige Fisch-Kollegen.

Wendepunkt und Wehmut

Als wir dann im Sand saßen, und über die zunehmend windgepeitschte See auf die dritte und äußerste der Gili-Inseln, Gili Trawangan blickten, wurde uns bewusst, was für eine besondere Zeit unserer Reise dies nun war: Wir waren am Wendepunkt unserer langen Fahrt angekommen, am südöstlichsten Punkt. Also, genau genommen war das auf Lombok, doch jetzt besonnen wir uns auf den Moment – der Moment, von dem an es wieder nach Hause ging. Ein Moment, der unterschiedliches in uns auslöste, Vorfreude einerseits, doch bei Chris auch Bedauern, dass wir nicht weiter nach Osten reisen konnten, nicht noch nach Papua und Australien kämen, kein Working-Holiday dort machen würden, zumal dies das letzte Jahr wäre, in dem das für Chris möglich sein würde aufgrund der Altersbeschränkung. Und dasselbe gilt für Neuseeland. Ein Gefühl der Niederlage mischte sich mit hinein und es dauerte noch eine Weile, das zu überwinden. Ein Stück weit schwingt es immer noch in ihm nach, obwohl ihm schon lange vorher klar war, dass das Weiterreisen mit den wichtigen Hochzeiten zuhause nicht vereinbar war. Nicht, wenn er seinen Prinzipien treu bleiben wollte und nicht fliegen würde.

Zwischen Flossen und Panzern

Als wir am nächsten Tag nach Gili Air übersetzen wollten, da Janina uns ihre kleine Wohnung anbot, die sie dort mietete und wir ohnehin von dort nach Bali zurückfahren würden, verpassten wir die Fähre knapp. Doch es stellte sich heraus, dass uns nichts besseres hätte passieren können. Wir würden die Fähre am Abend nehmen und die Zeit bis dahin nutzen, um noch einmal nach Schildkröten zu suchen. Wobei wir das „Tauchen“ wegen unseres Budgets und der bisherigen schönen Schnorchelerfahrungen verworfen hatten. Nachdem Sam, unser Radler-Kollege aus England, uns vom Tauchen mit Walhaien und Manta-Rochen vorgeschwärmt hat, wollte Chris unbedingt ähnliches erleben. Doch über einhundert Euro pro Person für drei Stunden und zirka die Hälfte davon im Pool? Das war uns, besonders aber Lisa, dann doch zu viel. Also gingen wir wieder schnorcheln.

Am Strand im Nord-Osten der Insel Gili Meno liehen wir uns wieder Schnorchelzeug. Von den letzten Flossen hatten wir noch Blasen an den Füßen, doch diesmal hatten wir richtig gutes Material bekommen und so konnten wir trotz der Wehwehchen richtig gut schwimmen. Erneut kämpften wir uns durch die Brandung am seichten, aber von Korallenbruchstücken scharfkantigen Strand, bis wir in die Nähe der Riffkante kamen, wo die halbwegs intakten Korallen wieder von einer Vielzahl bunter Fische umspielt wurde. Und hier passierte dann das Magische…

Wir folgten einer Gruppe von Schnorchlern, die einen Guide hatten, weiter raus, über die Riffkante hinaus über die unsichtbaren Tiefen – etwas das Chris in seiner Vorstellung immer total beängstigt hatte, was ihm jedoch durch die Anwesenheit anderer nur noch etwas mulmig fühlen ließ. Und da sahen wir sie, erst eine, dann eine zweite richtig große Meeresschildkröte, wie sie dort vor uns im offenen Wasser schwimmt und zum Luftholen die Nase über die Wasseroberfläche streckt. Sie waren wunderschön und es war erhebend, an ihrer Seite zu tauchen und Kopf an Kopf nebeneinander her zu schwimmen.

Wir ließen sie ziehen und kehrten zur Riffkante zurück, wo Lisa und ich sicher 4 oder 5 weitere Schildkröten am Grund ruhen sahen und die sich von uns kaum stören ließen, selbst als Chris hinabtauchte und sie ganz nah umrundete.

Nach einer kleinen Pause am Strand sah Chris eine Gruppe von Schnorchlern, die etwas abseits scheinbar jede Menge Spaß hatten. Da wollte Chris wieder rein und schauen, was die trieben. Als wir bei ihnen ankamen, entdeckten wir, dass sie scheinbar völlig mit sich selbst beschäftigt waren und es dort nicht wirklich etwas zu sehen gab. Also schnorchelten wir entlang der Riffkante wieder zurück gen Norden, als wir uns plötzlich von Schildkröten umgeben fanden. Es war legendär. Wir schwammen und tauchten zwischen ihnen, besuchten die Gruppen von bis zu 8 Tieren, die am Grund zusammen lagerten, tauchten weiter und fanden mehr. Bis Chris im Augenwinkel weiter unten im Dunkelblau der Tiefe unterhalb der Kante etwas aufblitzen sah. Rochen. Eine Gruppe von mindestens fünf Tieren zog dort unten vorbei, wobei ihre Seiten, gleichsam wie Flügel, in ihrer Schwimmbewegung immer wieder ihre weißen Unterseiten aufblitzend sichtbar werden ließen. Als Chris den langen glänzenden Schwanz der Tiere wahrnahm bekam er es jedoch mit der Angst zu tun, weshalb er es nicht wagte, den Tieren direkt zu folgen und sie somit aus dem Blick verlor. Später, auf Nachfrage bei der Tauchlehrerin Janina, erfuhren wir, dass es laut Beschreibung kein Stachelrochen war, eher ein Eagle Ray oder vielleicht sogar ein Manta-Rochen. Doch so genau, konnte ich sie nicht beschreiben und deshalb wissen wir es bis heute nicht genau. Auf jeden Fall war es ein tolles Erlebnis.

Wir tauchten noch eine Weile mit den Schildkröten und bunten Fischchen, bevor wir uns schließlich anschickten, aus dem Wasser zu kommen und noch etwas zu Essen, bevor wir nach Gili Air übersetzten.

Gili Air

Drüben angekommen mussten wir feststellen, dass Gili Meno, die sogenannte „Honeymoon-Insel“ tatsächlich viel ruhiger war. Hier steppte im Vergleich dazu der Bär: die Strände waren voller Restaurants und Bars, es gab viele Kneipen, Läden, Hotels, Tauchschulen, Supermärkte, Bars, Bungalows, Restaurants, Tauchschulen, Hotelresorts, Restaurants… Sogar Magic-Mushrooms wollte man uns hier verkaufe – was höchst illegal war, jedoch recht freizügig beworben wurde. Wir verzichteten und entschieden uns, nachdem wir unsere Taschen zu Janinas Wohnung gebracht hatten und loszogen, die Insel zu erkunden, für Ananas- und Bananen-Shakes und schlemmten für umgerechnet zehn Euro leckere Pizzen. Nicht, dass das Gado-Gado, das wir uns meistens holten und das meistens aus Tofu, Eiern, Tempe, gebratenen Sprossen und Gemüse, Gurken, Tomaten und viel Erdnusssoße sowie Krabbenchips bestand, nicht schätzten. Nein, das war meistens richtig lecker! Aber so eine Pizza lockt dann doch immer wieder und dann können wir nicht wiederstehen. Und so genossen wir hier am belebten Strand der Paradiesinsel italienische Küche und ließen es uns gut gehen.

Durch den Sturm

Tags drauf packten wir dann schon wieder alles zusammen und machten uns auf zur Anlege-Stelle. Da Janina und Dana ebenfalls nach Bali mussten, um von dort über Singapur nach Deutschland zu fliegen, trafen wir uns an Bord wieder. Janina hatte uns sogar eines ihrer Tickets, die sie als „Trinkgeld“ von einem Reisenden bekommen hatte, geschenkt, um die Kosten der Überfahrt damit zu halbieren. Doch die begann nicht nur eine Stunde später als erwartet, sondern wurde dann auch zu einem ziemlichen Höllenritt.

Auf dem Weg von Gili Air zurück nach Lombok, wo unsere Freunde zustiegen, war die See noch ruhig und die Sonne schien. Doch im Süden braute sich langsam etwas zusammen. Und ehe wir uns versahen, schoss das Fast Boat durch hohe Wellen, peitschenden Regen und Gischt, während für dessen Insassen die Welt von einer auf die andere Seite kippte und nicht wenige, Chris eingeschlossen, erst weiß, dann grünlich anliefen. Um sich nicht von den Brech-Geräuschen der Armen hinter uns anstecken zu lassen, betäubten wir uns mit Kopfhörern und Musik, massierten unsere Schläfen und Genicke mit Tiger Balsam und versuchten tief durchzuatmen und zu schlafen. Mit der Tüte vorsichtshalber griffbereit dösten wir dann nach einer qualvollen ersten Stunde doch noch weg…

Auf Bali angekommen mussten wir uns erst durch ein Heer von Taxifahrer kämpfen, die mit perfiden Tricks Fährgäste in ihre Gefährte lockten… oder zwangen. Nicht nur Janina, sondern auch das Schiffspersonal warnte uns per Durchsage, dass wir auf keinen Fall unsere Gutscheine für den Anschlusstransport aus der Hand geben dürften. Sofort als wir anlegten, drängten Männer in Plastikponchos aus dem Regen ins Boot und „baten um die Tickets“. Da wir die Masche nun kannten, hüteten wir uns. Denn das Ticket würde man wohl nicht wieder sehen – und dann stand man da und brauchte sie, die Taxi-Mafia.

Noch mehrfach beim Aussteigen und danach, wollten Leute unsere Tickets „sehen“. Wir gingen an ihnen vorbei und folgten Janina, die sich auskannte, zum Büro des Fast Boat Services. Innerhalb weniger Minuten wurden die Fahrgäste hier dann in die Kleinbusse aufgeteilt, die sie über die Insel hinweg an ihre Ziele bringen würden. Also hieß es jetzt wieder mal Good-Bye zu sagen und so drückten wir Dana und Janina, bedankten uns für die Unterkunft und das Ticket und sprangen den anderen hinterher in unseren Kleinbus. (Kommentar: Wir sind beide immer noch total gerührt von der Großzügigkeit Ninas und ihrer Familie – und ihrer Nachbarn, aber davon lest ihr später 😉 ).

Ubud – Wassertempel, Lawafelder, Katzenkaffee

Der Bus setzte uns im Zentrum Ubuds ab, einem für seine hübschen Reisterrassenhängen, Kunst und Kultur, Wassertempeln und -fällen bekannten Städtchen südlich des Mount Batur, einem der Vulkane hier auf Bali. Wir schlenderten durch die Gassen auf dem Weg zu unserer schnuckeligen Unterkunft, die wir online noch fanden, aßen unterwegs Curry und kunstvolles Gado Gado…

… und hielten nach Rollern Ausschau, die wir für den nächsten Tag günstig mieten könnten, um die Gegend zu erkunden. Leider war es mit den Blasen an unseren Füßen, die wir uns von unserem ersten Flossenpaar zuzogen, so schlimm geworden, dass Chris in seinen Sandalen kaum noch laufen konnte, aber in dem Matsch und Schmutz der Straßen auch nicht barfuß unterwegs sein wollte. Umso mehr meinte er, einen fahrbaren Untersatz zu brauchen. Zwar gab es hier Angebote, doch waren die Preise doppelt so hoch, wie wir sie kannten. Also checkten wir erstmal ein und schauten dann morgen weiter. Am Abend suchten wir dann noch das nächste vegetarische Restaurant auf, unweit von unserer Unterkunft Mountain Garden. Chris hatte ein fleischfreies Nasi Campur mit schwarzem Reis, Tempe, veganem Sate-Spießchen, Sambal (Chili Dip) und Erdnusssoße, fritierten Pilzen und und und. Lisa das beste Nasi Goreng der Reise, weil es so eine große Portion und so gut gewürzt war. Und das ganze dann mit Getränken für umgerechnet fünf Euro! Zufrieden schlenderten wir zurück und fielen satt ins Bett. Wir hatten unser Stammlokal – Morgen würden wir wiederkommen und den Rest der Karte bestellen. 😉

Bergfahrt

Nach ein paar Bahnen im kalten Pool zwischen Haus und Reisterrassen, einem kleinen Frühstück und dem Auschecken des Rollers für den Tag düsten wir heute los, um noch vor Mittag am Mount Batur, dem Vulkan im Norden, zu sein. Knapp eine Stunde dauerte es, die schier endlose Straße hinauf zu fahren, entlang zwischen Tankstellen und Restaurants, dann Kunst- und Deko-Shops, dann Cafes und Aussichtspunkten mit Schaukeln über den Reisfeldern sowie schließlich Kaffeeplantagen, Obst- und Durian- aka. Stinkfrucht-Ständen. Je weiter wir rauf kamen umso kühler wurde es, bis es fast etwas unangenehm kühl im Fahrtwind wurde. Außerdem schien die Straße uns direkt in die Wolken zu führen, die an diesem Morgen doch bereits um den Kraterrand des Berges waberten, auf den wir schließlich auffuhren. Entlang der „Rundstraße“ auf dem Kraterrand gibt es jede Menge Cafés und Restaurants. Also gönnten wir uns oben erstmal einen heißen Tee, um etwas warm zu werden, und schauten dabei den Wolken zu, die um den Vulkan Batur, der inmitten des mächtigen Kraters als eigener Berg aufragt, umherzogen und schließlich doch noch den Blick auf den Gipfel des Feuerspuckers freigaben. Der war – zusammen mit dem großen See, der ebenfalls einen Teil des Kraters füllte – auch ohne Aschewolke, Lavaströmen und Glutgeschosse – ein majestätischer Anblick.

Lavafelder

Schließlich fuhren wir hinunter in den Krater, entgegen der Warnungen der Hotelbesitzer, die uns den Roller vermieteten, dass Wege wegen des Regens verschüttet seien. Chris wollte in die Lavafelder, wenn er schon nicht auf den Berg steigen konnte. Die hügelige Landschaft aus porösen Felsbrocken und Steinen, in der sich teilweise Moose, vereinzelt Grasbüschel und am Rand eine ganze Reihe gepflanzter Jungbäume zu behaupten versuchten, war wüst und unwirtlich – doch für Chris ein Wunderland, weshalb er – soweit seine Füße mitmachten – alles erklomm was sich anbot und er immer weiter hineinlaufen wollte, bis wir schließlich zu den glänzend-grauen Bruchkanten der Lavastrom-Formationen kamen, die dalagen wie löchriger Käse, der in der Sonne schimmert – nur eben in dunkelgrau. Und steinhart.

Odyssee im Krater

Auf dem Weg zurück mussten wir feststellen, dass es unserem Gefährt an Power fehlte – wir kamen schlicht die Straße nicht wieder rauf, die wir zuvor nach unten gerollt waren. Wie Panne war das denn? Chris hatte sich schon vorher über die mickrige Leistung beklagt, aber dass der Roller nicht mal genug Drehmoment hinbekam, um sich selbst den Berg hinauf zu kämpfen – ohne uns als Ballast – das war wirklich schwach, im wahrsten Sinne des Wortes.

Also suchten wir einen anderen Weg. Durch die Lavafelder wollte Lisa nicht, weil es ihr zu gefährlich erschien und über Steine und Schotter zu kämpfen. Doch schien der dritte und letzte Weg, der uns wieder auf den Kraterrand führen würde, ebenso steil zu sein, wie der an dem wir scheiterten. Zumindest laut Karten-App. Aber wir würden es versuchen müssen. Wir fuhren eine Weile, schwebten über die Achterbahn-mäßige kleine Straße, die sich an den Rand des Lavafeldes schmiegte, nach Westen, mussten jedoch immer wieder tiefe Pfützen umfahren oder durchfahren, die die Straße in den Senken gänzlich fluteten. Da wir bei der ersten Durchfahrung so tief eintauchten, dass wir nasse Füße und einen nassen Rucksack bekamen, entschieden wir uns im Slalom um die überfluteten Abschnitte off-road zu fahren, was teilweise eine ebenso abenteuerliche Angelegenheit wurde. Schließlich kamen wir an die Serpentinen-Straße, die auf den Kraterrand führte. Hoffend und betend gab Chris dem Blechklepper die Sporen um den Hang mit vollem Schwung anzufahren – und siehe da: wir kamen voran. Jedoch waren jetzt einige riskante Überholmanöver um die mit Vulkanstein beladenen Lastwägen herum nötig, um den notwendigen Schwung für die Bergfahrt nicht zu verlieren. Mit Adrenalin und einigen Schutzengeln schafften wir es schließlich, ließen auch die letzte steile Serpentinenschleife hinter uns und landeten auf der Kraterrandstraße. Auf den Stress brauchten wir jetzt erstmal was zu futtern.

Stinkfrucht

Nach einer kleinen Mahlzeit beim vermeintlichen Inder, der uns aber nur die indonesische Karte gab und wir uns wiedermal mit Nasi Goreng begnügten, obwohl wir richtig Heißhunger auf Naan und Daal hatten, tuckerten wir wieder bergab gen Ubud. Unterwegs kamen wir wieder an allerlei Obstständen vorbei, an denen Chris hielt, aber nicht fand, was er suchte: Durian. Schließlich fand er einige Kilometer bergab doch noch eine Reihe von Durian-Ständen. Er hielt an und fragte, ober er eine probieren dürfte. Er durfte und war dankbar, denn er war super neugierig. Doch was er da schließlich probierte, hatte mit Obst nichts am Hut. Auch wenn der Geruch oder besser gesagt, der Gestank schon abschreckte, hoffte Chris darauf, dass an dem Geschmack etwas Tolles dran sein musste, wo doch schließlich so viele Leute darauf abfuhren. Seit China verfolgte uns die Durian und Chris Neugier wuchs und wuchs. Jetzt, wo sie endlich umsonst zu probieren war, musste er zuschlagen, doch – oweh! – es stimmte, was Clara und Fridi, unsere lieben Radlerfreundinnen aus Dresden uns bereits Monate zuvor erzählten: Sie schmeckte tatsächlich nicht nach einer Frucht, wie man es erwartet, sondern nach einer Mischung aus Käse (!), Knoblauch (!) und Zwiebeln(!!!). An sich keine schlechte Kombination. Aber irgendwie absolut nicht gut in diesem Fall. Angewidert, doch sich nichts anmerken lassend, kaute Chris weiter das weiß-rosa Fruchtfleisch von dem großen Kern, doch solange er auch kaute – es wollte sich nichts Leckeres daran finden lassen. Ein klein wenig enttäuscht darüber, aber vor allem sehr zufrieden, endlich erfahren zu haben, was es mit der Stinkfrucht auf sich hatte, pfefferte er den Rest des Stückchens in die Büsche, bedankte sich mit ein wenig Kleingeld für die Kostprobe und fuhr mit widerlichem Mundgeruch, aber bester Laune weiter.

Katzenkaffee

Wir kamen zum hinduistischen Wassertempel Tirta Empul. Einer der Parkplatzeinweiser des scheinbar gut besuchten Tempels erzählte uns von den Kaffeeplantagen und den kostenlosen Verköstigungen mit Kaffees und Tees dort. Wir hatten sie auf dem Weg vom Berg herab passiert, aber mit der Verheißung auf die Kostproben und angesichts des überfüllten Parkplatzes entschieden wir uns, doch nochmal zurück zu fahren. Hier konnten wir dann zusehen, wie der Kaffee handwerksmäßig getrocknet, geröstet und zerstoßen wird – auch der legendäre Katzen- bzw. Lewak-Kaffee. Noch so etwas, das Chris schon eine ganze Weile – genauer gesagt seit Vietnam – verfolgte und dass er jetzt doch auch gerne mal probieren würde. Auch wenn er sich zuvor immer mit Ekel darüber lustig gemacht hatte, wie man nur etwas Verdautes verarbeiten und dann zu sich nehmen kann.

Wir bekamen tatsächlich eine Palette von sicher 15 Tassen mit Kaffee- und Teemischungen vorgesetzt sowie einen Lewak-Kaffee, den Chris sich dazu orderte. Dann probierten wir: Bali-Kaffee, Bali-Kakao, Ginseng-Kaffee, Zitronengras-Tee, Kokos-Kaffee, Ingwer-Tee, Ingwer-Kaffee und so weiter und so fort. Einiges davon war wirklich sehr lecker, anderes erinnerte eher an eine billige Süßspeise, das nächste haute einen von den Socken. Chris, der die Kaffeetassen immer ganz leerte, wurde schon ganz hibbeling, während Lisa die Tees nach dem Probieren lassen austrank ihm ankündigte, dass er bestimmt bald furchtbar aufs Klo müsse. Nachdem auch die letzte Tasse leer war, kam der Lewak-Kaffee dran, angeblich von freilebenden Tieren selektiert und vorverdaut und nicht im Käfig mit minderwertigem Früchten gemästet, wie uns mehrfach ungefragt versichert wurde. Hätte eigentlich skeptisch machen sollen. Naja. Nach viel Aufregung und dramatischem Luftholen setzte Chris sich das Tässchen mit der schwarzen Brühe an die Lippen und nahm bedächtig einen kleinen Schluck in den Mund, spülte kennerhaft und stellte fest: Er hat keine Ahnung von Kaffee – und keinen Dunst, was da jetzt anders sein soll als beim normalen Kaffee. „Pffff, was für eine Enttäuschung – aber hey! Jetzt weiß ich, immerhin, dass ich sowas nun wirklich nicht brauche.“

Titra Empul

Wir kamen wieder an den Wassertempel und diesmal gingen wir hinein. Als wir eintraten mussten wir uns einen Sarong(?) nehmen und ihn uns um die Hüften wickeln, bevor wir zu den heiligen Quellen der Hindus gehen durften. Hier durften wir Hindus und neugierige Besucher dabei beobachten, wie sie an der rituellen Reinigung in den Quellen teilnahmen, sich an den Wasserspeiern wuschen, Räucherstäbchen entzündeten und kleine Opfer brachten. Durch tiefe Becken watend gingen die Besucher von einem Wasserspeier zum nächsten, um das Wasch-Ritual dort zu wiederholen, bis sie schließlich alle passiert hatten. Andere ließen in einem benachbarten Abschnitt des Tempels für sich beten oder nahmen an Gebeten teil. Wir indes – obgleich es Chris in den Fingern juckte, sich ins Wasser zu schmeißen und sich unter die Wasserspeier zu stellen und teilzunehmen, einfach um der Erfahrung willen – gingen durch den Tempel, inspizierten Brunnen und Skulpturen, beobachteten die Rituale und Gebete und fanden schließlich auch das Becken, das die heilige Quelle des Tempels fasste, die tatsächlich sehr schön anzusehen war. In dem Ziegelstein ummauerten Becken sprudelte Wasser durch den schwarzen Sand am Grund ins Becken und wirbelten den Sand in Wellen und Blasen immer wieder nach oben, wodurch der Boden in der Mitte des Beckens selbst zu brodeln schien. Als wir uns etwas von dem Wasser in eine Flasche füllten und tranken, war es tatsächlich sehr kühl, angenehm in Geschmack und erfrischend.

Wir zogen weiter, wurden am Ausgang noch in die Labyrinth gleichen Touri-Märkte geschickt, wo man uns allerlei andrehen wollte und schafften es schließlich zu und dann mit unserem Roller dem Kommerz an der heiligen Hindustätte zu entfliehen. Doch kamen wir nicht wirklich gut voran, denn wir hatten keinen Saft mehr auf unseren Geräten und wussten dementsprechend nicht recht wohin in dem unüberschaubaren Geflecht von Straßen, das zwischen Reisfeldern und Siedlungen an den Hängen hinab führt.

Mithilfe mehrere netter Einheimischer, die uns entweder führten oder anwiesen, schafften wir es nach einer etwas längeren Irrfahrt im Zwielicht der Dämmerung zum Mountain Garden zurück. Und da wir wussten wo wir jetzt hingehen würden und den Weg kannten, stand dem glorreichen Abschluss dieses erlebnisreichen Tages nichts mehr im Weg – und so schlemmten wir…

Die Rückreise antreten

In den nächsten Tagen würden wir wieder nach Java fahren, in Jakarta die Fähre nehmen, die einmal wöchentlich vom Hafen Tanjung Priok ablegte und mit ihr nach Batam und mit einer weiteren Fährfahrt nach Singapur zurückkehren, bevor wir zu unseren Rädern auf Penang (Malaysia) und schließlich nach Bangkok wieder gen Norden fuhren, um dort unsere Schlafsäcke und warmen Sachen abzuholen.

Also bestiegen wir am Mittag des 11. Februar den Bus von Mengwi nach Yogyakarta, fuhren über Nacht und kamen am frühen Morgen in der Großstadt Javas an. Nach etwas Besinnung und der Suche nach einer Unterkunft, brachen wir mit einem GRAB-Taxi auf. Die erwiesen sich durch die komfortable App und Preistransparenz als wirklich praktisch, um kürzere Distanzen zu überbrücken. So hatten wir inzwischen immerhin ein paar Wege gefunden, bezahlbar ohne Fahrräder von A nach B zu kommen.

An unserem recht günstigen aber doch auch schicken Bed and Breakfast angekommen, versuchten wir einfach mal unser Glück und traten ein. Die Tür ging auf und niemand war da. Also machten wir es uns am Tisch gemütlich, genehmigten uns schon mal vom Gratis-Kaffee und Tee und warteten darauf, dass Personal auftauchte, um unser Gepäck hier zu lassen und die Stadt zu erkunden bis wir einchecken durften. Als dann tatsächlich jemand kam durften wir jedoch direkt ein Zimmer beziehen, womit wir nicht gerechnet hatten und so legten wir uns – völlig fertig von der Nacht im Bus – doch noch mal schlafen. Zufrieden und mit dem dankbaren Gefühl drei Nächte für den Preis von zwei bekommen zu haben suchten wir uns schließlich um die Mittagszeit ein Café und brunchten ausgiebig. Zu Fuß machten wir uns schließlich auf den Weg durch die Stadt. Glücklicherweise waren die Füße schon etwas abgeheilt, was uns erlaubte, die kunstvoll mit Graffitis dekorierten Gässchen der Stadt zu erkunden. Wir wurden in Galerien geführt, wo wir uns Batik-Kunst ansahen (mehrfach), saßen mit den Rikschafahrern an Straßenecken, beobachteten die Leute und tanzten auf dem Bürgersteig mit den lustigen Einheimischen zur Musik aus deren Musik-Boxen.

Als wir die erste und schließlich die einzige historische Sehenswürdigkeit der Stadt besichtigten, wurden wir umsonst von einer jungen Tourismus-Studentin geführt, die mit den Führungen ihr Praxissemester füllte und gleichzeitig Englisch übte.

Die Sultansbäder waren jedoch nicht ganz so spannend, wie sich mit der jungen, gebildeten Muslima zu unterhalten, vom Studienleben und ihren Berufswünschen und -aussichten zu erfahren. Nachdem wir die Bäder der Frauen des Sultans, der Kinder des Sultans und das Privatbad des Sultans besucht hatten (wie langweilig), wurden wir wieder in einen Batik-Kunst-Shop gewunken. Da es zu Regnen begann, gingen wir kurz hinein. Hier konnten wir dann tatsächlich auch mal sehen, was es mit diesen „Batik-Gemälden“ auf sich hatte. Gehärtetes Leder wird in Form geschnitten und mit Mustern und entlang feiner Linien perforiert, welches schließlich als Schablone benutzt wird, um einen untergelegten Stoff mit Pigmenten einzufärben. Daneben wird mit Wachs gearbeitet, um den Stoff gezielt von Pigmenten frei zu halten.

Im Laden hätte Chris sich dann fast noch eine batikverzierte Holzmaske andrehen lassen, die er dann vorne an sein Rad montieren wollte. Aber auch von dieser vermeintlichen Geldverschwendung hielt Lisa Chris ab. Also gingen wir weiter und die junge Studentin führte uns, nun mit einem unserer Regenschirme bestückt, durch den Schauer weiter in einen Tunnel und hinab zu einem kreisrunden Raum, den sie uns als Underground-Mosque, als Untergrund-Moschee während des Krieges vorstellte.

Nach dieser netten Führung und dem netteren Gespräch mit Ririn, so der Name der Studentin, heftete sich ein Rikschafahrer an uns. Lisa unterhielt sich eine Weile mit ihm und schließlich bot er an, uns zum Bahnhof zu fahren und eine Stadtrundfahrt daraus zu machen, uns den Palast Keraton, das Silberhandwerk und den Vogelmarkt zu zeigen. Wir hatten keine Ahnung von all dem, doch der Preis von knapp 5 Euro für die sicher mehrstündige Fahrt klang für uns gut. Also schlugen wir ein, fuhren zur Bank, zum bereits geschlossenen Palast, zum Bahnhof. Wir kauften Tickets nach Jakarta für den übernächsten morgen und fuhren weiter zu den Silberwerkstätten.

Da wir uns vorstellten, es wäre eine Art Markt mit vor Ort arbeitenden Handwerkern waren wir erstmal ein wenig irritiert, als wir bei einem großen Juwilierladen hielten. Drin fanden wir dann aber tatsächlich beeindruckende Silberarbeiten aus gewobenen Silberdrähten und -fäden, Skulpturen, Schmuck und vieles mehr. Auch eine Werkstatt, in der man den Künstlern bei ihrer Arbeit zusehen konnte.

Bis auf Postkarten konnten wir uns hier allerdings eh nichts leisten und brauchen könnten wir hiervon ohnehin nichts auf unserer Reise. Also fuhr uns unser Rikschafahrer hin und her durch den verrückten Verkehr der Stadt zum sogenannten Vogelmarkt, der letzten Station der Rundfahrt. Das war jedoch eine eher traurige Angelegenheit – wie man es hätte erwarten können. Nicht, weil die meisten der Läden bereits geschlossen waren, sondern weil hier wirklich ein Verschlag neben den anderen voll mit Käfigen hing in denen kleine bunte Vögel ein trauriges Dasein fristen mussten und weiter hinten auch Hasen, Welpen und Katzen – offensichtlich aus Zuchten – in Käfige gesperrt darauf warteten, dass sich ein Käufer für sie entscheidet und sie endlich aus dem Miniknast befreit. Lisa hätte am liebsten die Kätzchen allesamt mitgenommen, aber wozu, wohin, mit welchem Geld und was dann? Ein schräges Geschäft. Wir machten, dass wir von diesem traurigen Ort wegkamen. Als uns der Rikschafahrer – was auch immer er an dem Ort fand – zurück Richtung Unterkunft fuhr und uns bei einem Restaurant ablud, wollte er dann statt der 75.000 Rupien, die er selbst für sein Angebot veranschlagte, mehr haben. Weil er so viel hin und her fahren musste, meinte er. Das allerdings wusste er allerdings schon vorher. Er bekam etwas mehr, aber scheinbar nicht soviel wie er sich erhoffte und fuhr etwas grummelig von dannen, was uns nun etwas grummelig machte, wo es doch immerhin seine Idee war, uns in der Stadt umher zu kutschieren. Nun gut…

Wir aßen – eher schlecht als recht – in dem vom Rikschafahrer empfohlenen Indonesier, aber immerhin bekam Chris so die Gelegenheit, der Durian – ja, der Stinkefrucht von der es hieß, dass er sie widerlich fand – eine zweite Chance zu geben. Und zwar als Nachtisch in einer Art Pudding. Schließlich aßen die Chinesen das Zeug ja auch warm. Vielleicht war es dann ja besser. Aber Pustekuchen. Nach dem ersten Löffel musste Chris sich zwingen zumindest die halbe Schale zu leeren, um kein schlechtes Gewissen zu haben, das ganze Gericht verschmäht zu haben.

Nur etwas weiter auf dem Heimweg entdeckten wir ein „mediterranes“ Restaurant. Dann gäbe es halt morgen gutes Essen..
(Kommentar: Apropos gutes Essen. Spätestens seit wir ohne Räder und Kochzeugs unterwegs waren, haben wir fast ausschließlich „auswärts“ gegessen. Oft war es günstig, oft war es dann auch gut. Immer wieder war es teurer, obwohl es dasselbe schon sehr viel günstiger gab und es war mies. Und manchmal – ja, zum Ende hin immer öfter, haben wir es uns für unser Budget eigentlich viel zu gut gehen lassen und irgendwo teuer eine Pizza gegessen. Wobei teuer in dem Fall 10 Euro für zwei plus Softdrink war und in Deutschen Preisrelationen spottbillig, vor allem für die Qualität. Aber wirklich leisten dürften wir uns das in Zukunft nicht mehr oft. Sind mal gespannt, ob wir von dem Luxus-Standard wieder runterkommen 😉 )

Wir unternahmen am nächsten Tag nichts – wäre ohnehin zu teuer gewesen, eine der Touren, die in der Unterkunft vermittelt wurden zu buchen. Auch der Eintritt zum berüchtigten Borobudur Tempel im Nordwesten der Stadt ist mit 20 Euro unterm Tag und 30 Euro pro Person zum Sonnenaufgang einfach völlig überteuert. Also ließen wir das – Angkor war sicher ohnehin eindrucksvoller. Dafür schliefen wir aus, führten unser Tagebuch, schrieben an diesem Blogeintrag und chillten, holten uns Essen ins Hotel und gingen am Abend nochmal fein aus, mit Jazzmusik, Salat und Pizzaschmaus zu guten Preisen. Der ruhige Tag tat gut und wir wussten, dass die kommenden Reisetage wieder Kraft und Nerven kosten würden. Also genossen wir…

Zurück nach Singapur

Wir fuhren Taxi, wir fuhren Zug, wieder Taxi, dann die Fähre, gingen zu Fuß und nahmen ein Schnellboot. Im Endeffekt könnte man es dabei belassen. Wir legten in 48h hunderte Kilometer über Java und das Meer zurück – furchtbar langsam verglichen mit einem Flug, furchtbar schnell, verglichen mit unseren Fahrradetappen. Wir hatten das auch eigentlich schon, die Zugfahrt, die Fährfahrt. Doch ist diesmal doch alles ein wenig anders. Vorher war ohne, jetzt ist mit – Covid19, das Coronavirus.

Laut offiziellen Angaben gibt es in Indonesien noch keine Fälle der neuartigen, sich schnell ausbreitenden Viruserkrankung – gut möglich, dass dies eher an den Diagnose-Möglichkeiten liegt als an einer magischen Schutzbarriere. Deshalb waren wir vorsichtig. Händewaschen, Mundschutz, Desinfektionsgel – und auf keinen Fall ins Gesicht fassen. Im Zug hatten wir uns noch nicht so unwohl gefühlt, doch wir wussten: Auf der Fähre würden wir mit hunderten Menschen auf engstem Raum unterwegs sein. Für 30 Stunden. Nicht zuletzt deshalb, aber auch weil wir diesmal zwei Nächte unterwegs sein würden, wollten wir lieber in einer Kabine bleiben und nicht Ekonomi im offenen Deck zwischen zig anderen einquartiert werden, noch dazu mit ekelhaften Sanitären anlagen.

Als wir nach einer schönen Zugfahrt mit tollen Aussichten und einer etwas merkwürdigen Taxifahrt mit einem Fahrer, der entweder dumm oder gierig war, ständig anhielt um nach dem Weg zu fragen, statt mein Navi anzunehmen und dabei dann den Taxometer laufen ließ und am Ende beim Bezahlen das doppelte des Taxometerpreises wollte, waren wir bei PELNI angekommen. Und dort ließen wir ihn dann mit dem Geld stehen, das ihm zustand. Idiot… Im Büro des Fährunternehmens mussten wir dann feststellen, dass die zweite Klasse, die nur etwas mehr kostete als Ekonomi und 4er-Kabinen hatte, geschlechtergetrennt organisiert war. Chris hätte sich auch auf die teureren Tickets der ersten Klasse eingelassen, doch für Lisa war das zu viel Geld. Also wieder Ekonomi. Als wir dann während des Einkaufs von Snacks, Mundschutz, Desinfektionsmittel und Wasser für die Fahrt nochmal drüber redeten, wollte Lisa doch auch mit der ersten Klasse fahren. Doch als wir fragten, ob wir tauschen konnten, war es bereits zu spät: maximal fünf Stunden vor Abfahrt konnten Buchungen geändert werden.

Das Boarding war diesmal recht entspannt und bereits um 22 Uhr lagen wir auf unseren liegen in einem Teil des Schiffes, das nur mit einfachen Liegen ausgestattet war, nicht mit Stockbetten. Und auch diese füllten sich nur zum Teil, bis das Schiff um 23:59 Uhr planmäßig ablegte. Es würde also immerhin etwas entspannter werden. Umgeben von einigen älteren Damen fühlten wir uns auch gar nicht so unwohl. Erst als einige Kakerlaken vorbeihuschten und einige der Damen unschön zu husten begannen wurde Chris wieder etwas flau und er hoffte und betete, dass sie sich hier nichts einfingen. Vor allem nicht ES.

Ay-Ay, Kapitän

Die Nacht war erwartungsgemäß wenig erholsam und der Tag wenig ereignisreich, bis wir am Nachmittag draußen saßen, die frische Luft genossen, Chips snackten und auf den Sonnenuntergang warteten. Als Chris dann mal auf Toilette ging und Lisa alleine an Deck blieb, wurde sie vom Winken und Rufen von der Brücke aus den Tagträumen gerissen. Ein Mann mittleren Alters in weißer Uniform winkte sie zu sich.

Etwas verwirrt blickte sie sich um. Konnte sie gemeint sein? Er nickte und winkte weiter. Offensichtlich wollte er, dass sie zu ihm kam. Lisa winkte ab. Erstens kam ihr das etwas komisch vor, zweitens wartete sie ja auf Chris. Der Mann in Uniform entschloss sich kurzerhand zu ihr zu gehen, wenn sie nicht zu ihm wollte. Er fragte wo sie herkam, stellte sich als Kapitän des Schiffes vor und fragte, ob sie mit ihm auf die Brücke kommen wolle. Sie erklärte ihm, dass sie noch auf ihren Mann wartete, als dieser – Gott sei Dank – gerade aus der Menge auftauchte und auf sie zukam. Direkt lud er uns beide auf die Brücke ein und nach einem kurzen Blickaustausch stimmten wir zu. So durften wir die Schaltzentrale dieses riesigen Schiffs erkunden, Fragen stellen, bekamen einen Tee und Kaffee und hörten viele Geschichten des Kapitäns, der schon alle Weltmeere bereist hatte. Eben dieses Schiff, auf dem wir gerade fuhren, hat er vor etwas mehr als 20 Jahren von einem deutschen Hafen abgeholt. Er erzählt von seiner Zeit in Deutschland, wie gut es ihm dort gefallen hat., als er in seiner sechsmonatigen Ausbildungszeit zum Schiff dort alle Ecken und Winkel studierte und wie es zu managen, steuern und zu pflegen sein würde. Außerdem erzählte er viel von seinem Leben als Christ im muslimischen Indonesien – wobei wir zugegebenermaßen wahrscheinlich nur die Hälfte verstanden, da sein englisch (wie er selbst beteuerte) etwas eingeschlafen war. (Vielleicht war das auch der Grund, warum er uns auf die Brücke holte und sich so lange mit uns unterhielt.) So lernten wir, dass der Norden Sumatras im Vergleich zu Java oder Lombok und dafür ähnlich wie Flores und Papua eher christlich geprägt waren.

Als krönenden Abschluss forderte er uns auf ihm unsere Essensmarken zu geben – wir bekamen ein Essens-Upgrate und die Erlaubnis unser Abendessen in der ersten Klasse zu uns zu nehmen. Da sagen wir doch nicht nein!

Die Zeit auf dem Boot verging recht schnell. Wir unterhielten uns mit unseren Bettnachbarinnen, Chris war neugierig und ging auf das Angebot einer Fußmassage eines urigen Indonesen ein, die sich seiner Meinung nach nicht wirklich lohnte. Vielleicht lag das auch an dem Geschwätz der Nachbarinnen, weswegen er sich schwer tat zur Ruhe zu kommen. Wir arbeiteten noch etwas an unserem Blog und versuchten etwas zu schlafen.

Batu Ampar, Batam

Am nächsten Morgen ging es dann früh raus. Um sechs Uhr legte die KM.KELUD am Hafen Batams an. Wir warteten ein wenig, bis der erste Menschenstrom von Bort ging und folgten dann unauffällig. So unauffällig wie es eben ging. An den Taxiständen stachen wir wohl immernoch zu sehr heraus. Dort mussten wir erneut etwas vehementer darauf bestehen, dass wir zwei gesunde Füße hatten, die wir zu gebrauchen dachten. Es funktionierte. Immerhin war der Hafen, von wo aus die Schnellboote nach Singapur ablegten nur ca. 2,5 km entfernt.

Vor einem Bäcker blieb Lisa stehen. Wir hatten zwar bereits auf dem Schiff noch etwas gefrühstückt, aber wir wussten, dass das Essen in Singapur noch einmal eine ganze Stange mehr Geld kosten würde. Vorausschauend wollte Lisa sich also noch mit ein paar Leckereien eindecken. Chris war unsicher, wollte er nicht den letzten 100.000 Rupien Schein anbrechen, den er in der Stadt gegen Singapur Dollar tauschen wollte. So standen wir unsicher vor dem Laden, bis Lisa ein Tablett schnappte und ein paar süße Stückchen einsammelte. Da passierte plötzlich etwas wunderbares: Ein Mann mittleren Alters, der mit seiner Frau und seinen zwei kleinen Töchtern in der Bäckerei frühstücken war, kam auf Chris zu erklärte, dass er uns einladen würde. Das war uns etwas unangenehm und wir sagten ab. Als wir zur Kasse kamen, um zu bezahlen, hatte der Mann jedoch schon mit der Kassiererin gesprochen und wir hatten keine Chance mehr unser Essen selbst zu bezahlen. Wir bedankten uns mehrfach bei dem Mann und erklärten wo wir herkamen und wo wir hinwollten. Beschwingt machten wir uns auf den Weg zum Schnellboot nach Singapur.

Zurück in Singapur, der reichen Tropenmetropole

Auf dem Weg bekam Chris nochmal Internetempfang und checkte seine Nachrichten. Wir hatten ein Déjà-vu: Eleane und Andi, die uns, als wir das letzte mal bei ihnen waren, einluden nochmal zu ihnen kommen zu können, schrieben uns, dass sie dieses Wochenende nicht in Singapur seien. Erneut ein Missverständnis (es muss an uns liegen), das dazu führte, dass wir obdachlos in Singapur landeten. Wir erinnerten uns daran, das Christiane, die Mama von Janina und Fabi uns aus Singapur geschrieben hat, als sie auf der Rückreise über Singapur nach Deutschland waren. Sie haben dort Freunde, bzw. Nachbarn von früher, die seit einigen Jahren in Singapur lebten. Diese haben die Bilder der Hochzeit gesehen und so von uns, den Fotografen, und unserer Reise erfahren. Christiane schrieb uns, dass falls wir einen Platz in Singapur bräuchten, wir uns gerne bei ihnen melden könnten. Das kam uns in diesem Fall natürlich recht und wir schrieben Janina, die sich zu diesem Moment in Singapur bei den Ex-Nachbarn Simone und Burkard aufhielt. Dana und Janina waren ebenfalls auf dem Weg nach Deutschland, um dort eine zweite Hochzeitsfeier für Familie und Freunde zu feiern. Auf dem Weg dorthin steuern sie gerne Singapur an und bleiben eine Weile bei Simone und Burkard. Wie gesagt, wir schrieben Janina von unserer Lage und fragten, ob das Angebot der Ex-Nachbarn noch stünde. Janina schrieb einigermaßen verwirrt zurück. Simone konnte sich nicht an ein solches Angebot erinnern, nahm uns jedoch gerne zu sich auf. Das Gästezimmer war zwar belegt, aber ein Platz auf dem Boden könnten sie anbieten. Die ganze Sache war uns dann natürlich recht unangenehm, aber sie versicherten uns, dass es wirklich kein Problem sei, uns aufzunehmen. Etwas beruhigt machten wir uns in Singapur zu unseren Spontangastgebern auf.

So schick wohnen die Expats 🙂

Die wohnten – wie sollte es anders sein – in einem wunderschönen Wohnkomplex mit riesig großem Pool. Nachdem wir uns vorgestellt und bedankt hatten, gingen wir mit Janina und Dana in ein etwas teureres Hawkercenter, bewusst nicht nach little India, da die Angst vor dem Covid19 am Sonntag Nachmittag bei großen Menschenmengen doch zu groß war. In Singapur gibt es offiziell mehr als 70 Fälle. Jeden Tag um ca. 19 Uhr gibt es ein Update der Zahlen: Neuinfizierte, vom Krankenhaus oder der Intensivstation entlassene. Man kann ganz genau nachvollziehen wo sich wer angesteckt hat uns so checken, ob man evtl. selbst in Gefahr sein könnte sich angesteckt zu haben. Es war nicht direkt Panik zu spüren, jedoch Vorsicht und Besorgnis. Die U-Bahnen und Busse wurden alle zwei Stunden desinfiziert, es wurden täglich Warnungen herausgegeben, viele Leute liefen mit Mundschutz durch die Gegend, Handdesinfektionsgel und Mundschutz waren in den allermeisten Läden ausverkauft.

Vor der Abfahrt von Batam nach Harbourfront wurden wir noch mal gecheckt – Kein Fieber, immerhin 😉

Wir genossen dennoch unsere Zeit in Singapur, gingen am Montag erneut indisch Essen – diesmal im Hawkercenter little India, das Montags weniger besucht war. Wir schlenderten durch die Malls und kauften unsere Bustickets für die Fahrt zurück nach Penang, bzw. Balik Pulau wo unsere Fahrräder sehnlichst auf uns warteten.

Das schönste an diesem Singapur Besuch war die Gemeinschaft. Es war schön noch zwei Tag mit Dana und Janina zu verbringen und es war schön Simone und Burkard kennenzulernen – zwei herzliche und hilfsbereite Menschen. Mit Simone unterhielten wir uns lange und gut und es fühlte sich so an, als hätten wir in ihr, wenn auch nur kurz eine Art Mutter-Ersatz gefunden, so sehr umsorgte und verpflegte sie uns. Jeden Morgen gab es frisches Baguette und Croissants vom Bäcker, der Kühlschrank war voll mit Obst, Butter, Eiern, Marmeladen, Frischkäse und Scheibenkäse, Joghurt und und und. Das Leitungswasser war wieder trinkbar. Wir waren erneut im Paradies gelandet. Dementsprechend schwer fiel uns der Abschied von Janina und Dana, von Simone und Burkard, von Singapur und all dem Luxus, den diese Stadt zu bieten hat. Bis wir wieder in Deutschland sein würden müssten wir uns wohl nochmal auf einen anderen Standard einlassen – einen sehr viel einfacheren.

Penang – Wiedersehn mit unseren Rädern

Wiedersehn macht Freude! Kurz Zuhaus im Titi Teras Village House, Balik Pulau

Mittlerweile sind wir nach einer sehr langen Busfahrt mitten in der Nacht wieder im Titi Teras Village House angekommen, in welchem wir bei unserem letzten Aufenthalt unsere Fahrräder gelassen haben. Es fühlte sich ein bisschen an wie Nach-Hause-Kommen, weil wir schon einmal hier waren, in diesem gemütlichen Radfahrer-Hostel. Gerade sind wir damit beschäftigt den Blog fertig zu stellen ;), die Räder klar zu machen und unsere Sachen wieder in Ordnung zu bringen. Nebenbei essen wir und lassen es uns auch ein wenig gut gehen. Lisa ist schon etwas aufgeregt was die weitere Reise mit dem Fahrrad angeht – sind doch gefühlt alle Muskeln wieder abgebaut… Aber wie es weiter geht, erfahrt ihr dann beim nächsten Mal. Bis dahin: bleibt gesund (und betet, dass wir es auch bleiben 😉 ).

Wir grüßen euch ganz herzlich und freuen uns darauf euch bald wieder zu sehen. Danke dass ihr so treu dabei seid und unsere Einräge lest. Wie immer: wir freuen uns über Kommentare und Rückmeldungen. Es ist schön zu sehen, dass ihr mit dabei seid und der oft tagelange Prozess so eines Eintrags sich nicht nur für uns als Reflektion lohnt. 🙂

4 Antworten auf „Radlos am Reisen – Die Zweite“

  1. Och nö. Bei euch hatte ich ja tatsächlich die Hoffnung, dass ihr so gestört seid und Durian wirklich mögt. Aber nein. Jetzt bin ich wieder die einzige. Soooo alone! :´-(

    Außerdem zu den Namen von euren Fahrrädern (nein, ich gebe noch nicht auf 😉 ): Doppelnamen von wichtigen Leuten wären witzig, quasi ein Name für jedes Fahrrad. So Johann und Sebastian zum Beispiel, Johann für Lisas Fahrrad und Sebastian für Chris seins. Oder Georg und Friedrich, Wolgang und Amadeus, ihr versteht schon. Allerdings steht ihr vermutlich nicht auf dicke, tote Komponisten. Steht ihr mehr auf Schriftsteller? Schauspieler? Autoren? Ökos? Haben eure Eltern Doppelnamen? Die Auswahl ist riesig! Gut, dass ihr noch eine Weile unterwegs seid, da habt ihr viel Zeit zum Nachdenken. 😀 (Also, falls ihr sonst keine Probleme habt…)

    Passt gut auf euch auf und kommt sicher nach Hause!

    1. Hey Dasha, hey Guillaume! We are doing well. I hope Tonight you’ll be able to read how our Story went on so far 😉 How and where are you now?

      1. Well, I am ashamed to say that I never saw your answer although it has been more than a year! Sorry for that! I was randomly thinking about you guys after seeing a few bikepackers the last few days and decided to check your blog once again.

        I was finally able to read the last story, although with some delay 🙂

        As for us, we were in Zambia when the world went into lockdown, and stayed there until the end of June. We somewhat made our way to Tanzania, Namibia and South Africa before eventually coming home a few months ago.

        Lijiang feels like a lifetime ago…

        Hope you’re both doing fine!

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